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Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Referentenentwurf des BMJV für ein Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche

 

A. Tenor der Stellungnahme

 

Der Deutsche Richterbund begrüßt die gesetzgeberische Zielsetzung, die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche zu verbessern. Insbesondere der zur Umsetzung der Geldwäscherichtlinie vorgesehene Verzicht auf einen Katalog geldwäschetauglicher Vortaten ist geeignet, die Verfolgung und Ahndung der Geldwäsche in der Praxis zu erleichtern, indem Beweisschwierigkeiten vermieden werden. Auch die Bemühungen, den im Mittelpunkt der Reform stehenden Straftatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) neu zu strukturieren und damit dessen Anwendung zu erleichtern, sind dem Grunde nach zu begrüßen.

Der gleichzeitige Verzicht auf die bislang unter Strafe gestellte leichtfertige Tatbegehung (§ 261 Abs. 5 StGB) könnte jedoch neue Probleme aufwerfen und angesichts der fortbestehenden Möglichkeit des straflosen Vorerwerbs (§ 261 Abs. 1 Satz 2 StGB-E) sogar einen Anreiz schaffen, einen zwar leichtfertig aber nicht bedingt vorsätzlich Handelnden in die Geldwäschekette einzuschalten und auf diese Weise Erträge von Straftaten zu legalisieren. Es wäre daher zu erwägen, den in der Richtlinie eröffneten Regelungsfreiraum für eine leichtfertig begangene Geldwäsche (Erwägung Nummer 13, Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie) zumindest für schwere Vortaten oder bei einem besonders hohen Wert des Geldwäscheobjekts auszuschöpfen.

Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 261 StGB und die damit bezweckte Ausweitung der Strafverfolgung im Bereich der Geldwäsche lässt eine erheblich stärkere Belastung der Staatsanwaltschaften und Gerichte erwarten. Ohne eine spürbare Stärkung der personellen Ressourcen wird die gesetzgeberische Zielsetzung, die Geldwäschebekämpfung zu intensivieren, ins Leere laufen.

 

B. Bewertung im Einzelnen

 

Der Referentenentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche (im Folgenden: Geldwäscherichtlinie). Seine wesentlichen Regelungsinhalte sind wie folgt zu bewerten:

 

I. Verzicht auf einen Vortatenkatalog

Kernstück des Entwurfs ist der Verzicht auf einen Vortatenkatalog wie ihn § 261 Abs. 1 StGB bislang vorsieht. Auf diese Weise werden die bestimmte Kriminalitätsbereiche betreffenden zwingenden Vorgaben der Geldwäscherichtlinie (dort Art. 2 Nr. 1) nicht nur umgesetzt, sondern sogar überschritten.

Dieser neue „All-Crimes-Ansatz“ erweitert nicht nur den Anwendungsbereich der Geldwäsche. Er ist vor allem geeignet, praktische Schwierigkeiten in der Beweisführung zu beseitigen, weil der Nachweis, dass ein Tatobjekt aus einem selektiven Kreis bestimmter geldwäschetauglicher Vortaten stammt, im Falle der Umsetzung des Entwurfs entfiele. Objektiv ausreichend wäre künftig, dass der Geldwäschegegenstand überhaupt einer Straftat entstammt, wobei die volle Überzeugung des Gerichts vom Vorliegen dieser Vortat weiterhin erforderlich ist (ausdrücklich Seite 11 der Entwurfsbegründung). So wäre beispielsweise künftig die Herkunft von Taterträgen aus (einfachen) Betrugstaten gemäß § 263 StGB ausreichend, während diese bislang einer gewerbsmäßig oder bandenmäßig verübten Betrugsvortrat entstammen müssen (§ 261 Abs. 1 Nr. 4 StGB), um taugliches Objekt einer Geldwäsche sein zu können.

 

II. Wegfall der leichtfertigen Geldwäsche

Dieser Erweiterung des Anwendungsbereichs der Geldwäsche stellt der Entwurf eine Eingrenzung in subjektiver Hinsicht gegenüber. Anders als bislang (vgl. § 261 Abs. 5 StGB) soll die bloß leichtfertige Geldwäsche nicht mehr strafbar sein. Der Referentenentwurf begründet dies damit, dass es die erhebliche Ausweitung der Norm „aus Gründen der Eingrenzung und Ausgewogenheit der Strafandrohung“ (Seite 11 der Entwurfsbegründung) notwendig mache, die weiteren Voraussetzungen der Regelung zu präzisieren und einzuschränken.

Mit diesem Wegfall bewegt sich der Referentenentwurf im Umsetzungsspielraum der Geldwäscherichtlinie, die lediglich die Strafbarkeit der vorsätzlichen Geldwäsche von den Mitgliedstaaten verlangt und ihnen darüber hinaus freistellt, auch Fälle unter Strafe zu stellen, in denen der Täter den Verdacht hatte oder ihm bekannt hätte sein müssen, dass ein Vermögensgegenstand aus einer kriminellen Tätigkeit stammt (Art. 3 Abs. 1, 2 der Richtlinie).

Ob jedoch die Aufgabe eines selektiven Vortatenkatalogs, wie im Entwurf ausgeführt, das Bedürfnis für den Leichtfertigkeitstatbestand weitgehend entfallen lässt (Seite 19 der Entwurfsbegründung), ist fraglich. Gerade in Fällen, in denen Finanzagenten in einer Geldwäschekette eingesetzt werden, könnten ehemals objektiven Beweisschwierigkeiten (Vorliegen einer geldwäschefähigen Vortat) neue Nachweisprobleme auf der subjektiven Tatseite (bedingter Vorsatz der Herkunft aus einer Straftat) folgen. Dies könnte gerade in organisierten und komplexen Kriminalitätsbereichen einen Anreiz schaffen, einen zwar leichtfertig aber nicht bedingt vorsätzlich Handelnden in die Geldwäschekette einzuschalten um angesichts der fortbestehenden Möglichkeit des straflosen Vorerwerbs (§ 261 Abs. 1 Satz 2 StGB-E) Erträge von Straftaten zu legalisieren.

Um gleichwohl dem gesetzgeberischen Bedürfnis nach Einhegung der Strafbarkeit Rechnung zu tragen, könnte alternativ erwogen werden, an der Möglichkeit der leichtfertigen Begehung in Fällen schwerer Vortaten festzuhalten. Orientierung könnten die in § 100a StPO aufgeführten Taten geben, auf die der Referentenentwurf in § 100a Abs. 2 Nummer 1 Buchstabe m StPO-E hinweist, das Vorliegen eines Verbrechens oder aber die banden- und gewerbsmäßige Begehung einer anderen Vortat. Erwogen werden könnte auch, die leichtfertige Geldwäsche bei Geldwäscheobjekten von besonders hohem Wert zuzulassen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass einer uferlosen Anwendungsbreite (Seite 19 der Entwurfsbegründung) in geeigneten Fällen auch durch die Anwendung der §§ 153 f. StPO begegnet werden kann.

 

III. Personelle Stärkung der Staatsanwaltschaften und der Gerichte

Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 261 StGB und die damit bezweckte Ausweitung der Strafverfolgung im Bereich der Geldwäsche lässt eine erheblich stärkere Belastung der Staatsanwaltschaften und Gerichte erwarten. Ohne eine spürbare Stärkung der personellen Ressourcen wird die gesetzgeberische Zielsetzung, die Geldwäschebekämpfung zu intensivieren, ins Leere laufen.