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Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zu dem vom Bundesministerium der Justiz mit Schreiben vom 29. Januar 2002 übersandten Vorentwurf eines UNCITRAL-Übereinkommens über internationale Verträge, die durch Datennachricht geschlossen oder nachgewiesen werden

Februar 2002

In dem von UNCITRAL vorgelegten Übereinkommensentwurf soll der Vertragsschluss mittels elektronischem Datenaustausch, E-Mail-Verkehr, Telefax, Telegramm oder Telex geregelt werden. Es sind Regelungen vorgesehen, die hinsichtlich Art und Zeit des Zustandekommens, Form und zur Verfügung zu stellenden Informationen weitgehend den geltenden Regelungen z. B. der E-Commerce-Richtlinie vergleichbar sind und keinen Bedenken begegnen.

In einigen Punkten lässt der Entwurf Alternativen offen, z. B. zu örtlichem und sachlichem Geltungsbereich und Unwirksamkeit von Geschäften natürlicher Personen, wenn bei der Datennachricht Fehler gemacht werden. Zu diesen Alternativen sind einige Anmerkungen zu machen:

Hinsichtlich des räumlichen Anwendungsbereichs (Art. 1 des Entwurfs) sind als Alternativen vorgesehen die Anwendung nur auf internationale Verträge (Variante B) oder die Anwendung auf alle mittels Datennachricht abgeschlossenen Verträge, also auch bei nationalem Vertragsabschluss (Variante A), mit der Möglichkeit für die Vertragsstaaten, durch Vorbehalte die Anwendung auf nationale Verträge auszuschließen. Zwar liegt es nach der Rechtstradition näher, das internationale Abkommen nur auf internationale Verträge anzuwenden. Andererseits würde der weitere Anwendungsbereich Nachforschungen zur Niederlassung in manchen Fällen ersparen. Den Vorzug verdient deshalb die Vorbehaltslösung (Variante A mit den Abs. 3 und 4) in Verbindung mit der innerhalb diese Variante vorgeschlagenen Regelung (Abs. 4), nach der die Tatsache, dass die Parteien ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, nicht berücksichtigt wird, wenn diese nicht aus dem Vertrag oder den Verhandlungen oder früheren Geschäftsbeziehungen der Parteien ersichtlich war. Diese Regelung ermöglicht die einfachste Klärung der Anwendbarkeit im Einzelfall.

Sachlich sollen von der Geltung des Übereinkommens (Art. 2) Geschäfte für persönliche Zwecke und Zwecke des Haushalts oder der Familie (Verbraucherverträge) und Lizenzverträge ausgenommen werden. Soweit noch über weitere Ausschlüsse verhandelt werden soll, hält der Deutsche Richterbund die unter Bezugnahme auf E-Commerce-Richtlinie genannten Ausnahmen - Einräumung von Immobilienrechten, Verträge, bei denen notarielle Beurkundung oder Mitwirkung von Behörden vorgeschrieben ist, Bürgschaftsverträge und Verträge über Sicherheiten von Privaten sowie familien- und erbrechtliche Verträge - für unbedingt angezeigt, denn die nationalen Bestimmungen über Beurkundungspflichten dienen der Rechtsklarheit bei Geschäften von besonderer Bedeutung und dem Schutz vor Benachteiligung und übereilten Entscheidungen bei möglicherweise besonders belastenden Verträgen, der nicht eingeschränkt werden sollte. Für familien- und erbrechtliche Verträge passt schon das ganze Verfahren des elektronischen Geschäftsverkehrs nicht.

Die Begriffsbestimmungen und die Regelungen über das Zustandekommen von Verträgen, Zeit und Ort der Absendung und des Empfangs einer Datennachricht, und die Informationspflichten erscheinen klar und eindeutig.

Interessen- und sachgerecht ist angesichts der Fehleranfälligkeit solcher technischer Verfahren die nur als Variante vorgesehene Regelung (Art. 12 Abs. 3), wonach ein Vertrag, den eine natürliche Person durch Zugriff auf ein automatisiertes Rechnersystem abschließt, bei dem sie einen wesentlichen Fehler gemacht hat, unter bestimmten Bedingungen unwirksam sein kann, wenn ihr vom System keine Gelegenheit gegeben worden ist. Es erscheint nicht angemessen, für den Fall eines Verstoßes des Anbieters gegen seine in Art. 12 Abs. 2 normierte Pflicht zur Bereitstellung der technischen Mittel zur Fehlererkennung und -korrektur die andere Partei auf die allgemeinen Regeln über Anfechtung und/oder Schadensersatz zu verweisen. Vielmehr ist eine Regelung der Rechtsfolgen eines solchen Verstoßes innerhalb des Abkommens wünschenswert und die Unwirksamkeit unter den in dem Vorschlag vorgesehenen Voraussetzungen erscheint sachgerecht

Nicht verständlich ist insoweit die Beschränkung auf natürliche Personen, denn Art. 12 Abs. 2 legt jedem, der Waren oder Dienstleistungen mittels eines automatisierten Rechnersystems anbietet, zu Recht gegenüber jedem möglichen Vertragspartner die Verpflichtung auf, die technischen Mittel zur Fehlererkennung und -behebung zur Verfügung zu stellen. Das Argument gegen die Erstreckung der Unwirksamkeitsfolge auf Verträge unter Kaufleuten, dass das Recht, einen Vertrag im Falle eines wesentlichen Fehlers als ungültig zu behandeln, unter Kaufleuten nach dem allgemeinen Vertragsrecht nicht immer vorgesehen sei, erscheint nicht durchgreifend, weil das allgemeine Vertragsrecht die Besonderheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs nicht berücksichtigen kann.

 

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