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Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEModG)

 

A. Tenor der Stellungnahme

 

Der Referentenentwurf enthält umfassende Vorschläge für eine grundlegende Reform des Wohnungseigentumsgesetzes. Viele erleichtern die Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums und das Gerichtsverfahren. Dies wird sehr begrüßt. Jedoch bestehen teilweise noch erhebliche Bedenken.

Positiv ist anzumerken, dass es sich um einen Entwurf „aus einem Guss“ handelt. Auch die Beteiligung der Justizpraxis im Rahmen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe sowie die Veröffentlichung ihres Abschlussberichts sind positiv hervorzuheben. So sind auch viele Ansätze zu begrüßen, etwa die Vereinfachung des § 16 WEG und die Privilegierung  bestimmter baulicher Veränderungen von Gemeinschaftseigentum. Die Ausgestaltung des Beschlussanfechtungsverfahrens als Verbandsprozess wäre wegen der damit verbundenen Verfahrensvereinfachung mit Nachdruck zu begrüßen.

Die vorgesehene Eintragung von auf einer Vereinbarung beruhenden Beschlüssen in das Grundbuch dürfte aber zu erheblichen Problemen führen. Die Abschaffung des Erfordernisses einer Beschlusssammlung ist abzulehnen, sie liefe dem Informationsinteresse einzelner Eigentümer und Erwerbsinteressenten zuwider. Ferner würden einige der vorgeschlagenen  Änderungen es einzelnen Wohnungseigentümern zukünftig erheblich erschweren, effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu erhalten. Dies mag unter dem Blickwinkel effizienter Verwaltung positiv bewertet werden, erscheint aber aus Sicht der Eigentümer problematisch. Strukturell würde der Referentenentwurf den Verwalter massiv stärken, insbesondere durch die Einführung einer umfassenden Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis bei gleichzeitiger Kürzung des umfassenden Pflichtenkatalogs im Innenverhältnis. Dies wird in der Richterschaft teils positiv, teils kritisch bewertet. Einer umfassenden Erweiterung der Vertretungsbefugnis des Verwalters sollte zumindest eine effektive Kontrollmöglichkeit durch die Wohnungseigentümer entgegengesetzt werden. Auch die vorgeschlagene neue Systematik der baulichen Veränderungen sollte nochmals überarbeitet werden.

 

B. Bewertung im Einzelnen

 

I. Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen und außerhalb des Gebäudes liegenden Grundstücksflächen

 

Die vorgesehene Ergänzung in § 3 Abs. 1 S. 2 WEG-E, durch die es erleichtert wird, Sondereigentum auch an Stellplätzen zu begründen, erscheint sinnvoll, zumal in der Begründung des Entwurfs klargestellt wird, dass auch ein einzelner Duplex-Stellplatz sondereigentumsfähig sein soll. In der Praxis wird sich gleichwohl die Frage stellen, welche technischen Bestandteile eines Duplexparkers dann zum Sondereigentum gehören, und welche gemeinschaftliches Eigentum sind. Dies ist Voraussetzung für die Frage, wer für die Erhaltung bestimmter Teile von Duplexparkern verantwortlich ist, die Kosten hierfür zu tragen hat, und wer für Schäden infolge diesbezüglicher Pflichtverletzungen haftet. Diese Fragen dürften von den Gerichten aber auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zu lösen sein. Möglicherweise könnte insoweit eine Klarstellung in der Begründung des Entwurfs erfolgen.

Sinnvoll könnte eine weitere Ergänzung der Regelung in § 3 Abs. 1 WEG-E um die Sondereigentumsfähigkeit der einer Wohnung vorgelagerten Balkone, Loggien und Dachterrassen sein, da umstritten ist, ob dies auch ohne ausdrückliche Kennzeichnung im Aufteilungsplan der Fall ist (vgl. etwa Bärmann/Armbrüster, WEG, 14. Auflage 2018, § 5, Rn. 58).

Die vorgeschlagene Neuregelung in § 3 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 WEG-E, wonach Sondereigentum auch an außerhalb des Gebäudes liegenden Grundstücksflächen begründet werden kann, sofern die Wohnung bzw. die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume wirtschaftlich die Hauptsache bleiben, begegnet Bedenken.  Letztlich soll hierdurch kein vollwertiges Sondereigentum begründet werden, da die Freiflächen gerade nicht verkehrsfähig sein sollen. Vielmehr setzt die Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen nach dem Entwurf eine „führende“ Sondereigentumseinheit voraus, die wirtschaftlich die Hauptsache darstellt. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass in einigen Regionen Deutschlands die Grundstückspreise in den vergangenen Jahren derart gestiegen sind, dass etwa eine größere Gartenfläche dort für sich genommen wirtschaftlich einen höheren Wert haben könnte als die Wohnung, zu welcher sie gehört. Zwar richtet sich der Wert vor allem nach der Bebaubarkeit, woran es bei Gartenflächen meist fehlen dürfte. Fraglich ist aber, ob Gerichte dies in der Praxis aus eigener Sachkunde einschätzen können, oder im Streitfall stets ein Sachverständigengutachten zur Abklärung der Wertfrage einholen müssten. Es wäre hilfreich, wenn sich die Begründung zumindest dazu verhielte, wie solche Fälle nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich einzustufen sein sollten, um die Einholung kostenintensiver Wertgutachten im Streitfall zu vermeiden. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers dürfte die Sondereigentumseinheit wohl nur im absoluten Ausnahmefall nicht die wirtschaftliche Hauptsache gegenüber der dazu gehörenden Außenfläche sein.

Es stellt sich aber grundsätzlich die Frage, ob die Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen erforderlich ist, um vermeintliche Probleme im Zusammenhang mit Sondernutzungsrechten an solchen zu lösen. Etliche Probleme der Gerichtspraxis, etwa in Bezug auf Beeinträchtigungen anderer Sondereigentümer durch Bäume, die im Bereich eines Gartens stehen, stellen sich auch, wenn dieser im Sondereigentum eines einzelnen Eigentümers steht. Zudem sind gerade Freiflächen oftmals prägend für das optische äußere Erscheinungsbild einer Wohnanlage, so dass sich neue Abgrenzungsfragen stellen. Darüber hinaus würden bestehende Sondernutzungsrechte auch nach der Einführung der Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen weiterhin als solche erhalten bleiben.

Es wird daher angeregt, die Notwendigkeit der Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen nochmals zu überprüfen.

 

II. Eintragung vereinbarungsändernder Beschlüsse im Grundbuch, §§ 5 Abs. 4 S. 1, 7 Abs. 4, 10 Abs. 3 WEG-E

 

Die vorgeschlagenen Neuregelungen in §§ 5 Abs. 4 S. 1, 7 Abs. 4, 10 Abs. 3 WEG-E erscheinen aus Sicht der Praxis problematisch.

Regelungssystematisch sieht § 5 Abs. 4 S. 1 Alt. 2 WEG-E die Möglichkeit vor, dass Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gefasst werden, nach den Vorschriften des Abschnitts 3 zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden können. Hierzu regelt § 7 Abs. 4 S. 1 WEG-E, unter welchen Voraussetzungen es zur Eintragung eines solchen Beschlusses keiner Bewilligung der Wohnungseigentümer bedarf. § 10 Abs. 3 S. 1 Var. 3 WEG-E sieht vor, dass Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung (also einer sog. Öffnungsklausel) gefasst werden, gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur wirken, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Alle anderen Beschlüsse – also solche, die nicht aufgrund einer Öffnungsklausel gefasst werden –, sind demgegenüber nach § 10 Abs. 3 S. 2 WEG-E auch ohne Eintragung in das Grundbuch für Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers wirksam.

In der Praxis bestehen hiergegen in mehrfacher Hinsicht Bedenken.

 

Zur Differenzierung selbst

Die Differenzierung, wonach Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, nur dann für Sondernachfolger gelten, wenn sie in das Grundbuch eingetragen sind (§ 10 Abs. 3 S. 1 Var. 3 WEG-E), während alle anderen Beschlüsse weiterhin stets für Sondernachfolger gelten (§ 10 Abs. 3 S. 2 WEG-E), überzeugt nicht.

Zwar ist der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, auf deren Vorschlag (ZWE 2019, 429, 433) dieser Änderungsvorschlag aufbaut, im Grundsatz zuzustimmen, dass es die Transparenz für den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers erhöhen kann, wenn nicht nur die Vereinbarungen der Eigentümer, sondern auch diejenigen Beschlüsse in das Grundbuch eingetragen werden, die eine solche Vereinbarung ändern. Eine solche Regelung enthält § 10 Abs. 3 S. 1 Var. 3 WEG-E allerdings gerade nicht. Die darin vorgeschlagene Regelung betrifft vielmehr nur Beschlüsse, die „aufgrund einer Vereinbarung gefasst“ werden. Dies ist problematisch. Denn danach wäre nicht nach dem Inhalt des Beschlusses („Änderung einer Vereinbarung“), sondern nach der Beschlussgrundlage („aufgrund einer Vereinbarung gefasst“) zu unterscheiden, ob solche Beschlüsse zur Gültigkeit für Sondernachfolger der Eintragung in das Grundbuch bedürfen. Diese Unterscheidung dürfte in der Praxis erhebliche Probleme bereiten; und auch die Unterscheidung selbst überzeugt letztlich nicht.

Welche Auswirkungen ein Beschluss für den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers hat, hängt nicht alleine davon ab, ob er aufgrund einer Vereinbarung der Eigentümer gefasst wurde. So können etwa nach § 16 Abs. 2 S. 2 Alt. 1 WEG-E mit einfacher Mehrheit Kostenverteilungen beschlossen werden, die von der gesetzlichen Grundregelung in § 16 Abs. 1 S. 1 und 2 WEG-E abweichen. Dies kann erhebliche finanzielle Auswirkungen für den einzelnen Eigentümer bzw. dessen Sondernachfolger haben, während Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, erheblich geringere Auswirkungen haben können, etwa Beschlüsse über Änderungen der Hausordnung.

Beispielsweise ist, wenn die Wohnungseigentümer keine Vereinbarung zur Kostentragung getroffen haben, ein Beschluss zur Änderung der gesetzlichen Kostenverteilung gem. §§ 10 Abs. 3 S. 2, 16 Abs. 2 Alt. 1 WEG-E ohne weiteres für Sondernachfolger wirksam; weichen die Wohnungseigentümer dagegen in gleicher Weise nach einer vereinbarten Öffnungsklausel von einer Vereinbarung zur Kostenverteilung ab, selbst wenn diese der gesetzlichen Grundregelung entspräche, so wäre der Beschluss gem. § 10 Abs. 3 S. 1 Var. 3 WEG nur im Falle seiner Grundbucheintragung für Sondernachfolger wirksam. Dies gälte wiederum nicht, wenn ein solcher Beschluss nicht auf einer vereinbarten Öffnungsklausel, sondern der gesetzlichen Öffnungsklausel in § 16 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 WEG-E beruht. Dies überzeugt nicht und dürfte in der Praxis eher zu mehr Rechtsstreitigkeiten führen, als solche zu vermeiden.

Ob ein Beschluss überhaupt aufgrund einer Vereinbarung der Eigentümer im Sinne von § 10 Abs. 3 S. 1 WEG-E erfolgt – also von dieser gedeckt ist –, dürfte in der Praxis zudem oft unklar sein. Denn dies hängt von der Auslegung der zugrundeliegenden Vereinbarung und des Beschlusses ab, was entsprechende Unsicherheit bedeutet. In Zukunft dürften in solchen Fällen etliche Rechtsstreite zu der Frage geführt werden, ob ein bestimmter Beschluss, der nicht in das Grundbuch eingetragen ist, aufgrund einer Vereinbarung im Sinne des § 10 Abs. 3 S. 1 Var. 3 WEG-E gefasst wurde und dementsprechend einen Sondernachfolger eines Eigentümers bindet. Zudem würde sich die Frage der Schadensersatzpflicht bei unterbliebener Eintragung eines auf einer Vereinbarung beruhenden Beschlusses im Grundbuch stellen.

Die in § 10 Abs. 3 WEG-E vorgenommene Differenzierung dürfte also in der Praxis zu erheblichen Folgeproblemen führen.

Ein Bedürfnis für diese Regelung wird auch nicht generell gesehen. Denn der Erwerber von Wohnungseigentum kann sich nach geltendem Recht durch die Beschlusssammlung (§ 24 Abs. 7 WEG) über den Inhalt aller Beschlüsse der WEG informieren; macht er hiervon keinen Gebrauch, so lässt sich daraus kein Schutzbedürfnis ableiten. Der Publizitätsfunktion des Grundbuchs im Hinblick auf einen etwaigen gutgläubigen Erwerb bedarf es zumindest aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht, da diesen durch angemessene kaufvertragliche Vereinbarungen mit dem Veräußerer begegnet werden könnte, etwa im Hinblick auf den Nutzungszweck des Sondereigentums.

Es wird daher angeregt, nochmals grundsätzlich zu prüfen, ob die Wirkung bestimmter Arten von Beschlüssen für Sondernachfolger tatsächlich davon abhängig gemacht werden soll, dass diese als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen werden, während andere Beschlüsse unabhängig davon für Sondernachfolger wirken.

Der Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die Wirksamkeit aller eine Vereinbarung ändernden Beschlüsse für Sondernachfolger von der Eintragung in das Grundbuch abhängig zu machen, wäre in der Verwaltungspraxis zwar etwas einfacher umzusetzen. Zum einen wäre eine Unterscheidung nach dem Beschlussgegenstand weniger fehleranfällig als eine Unterscheidung nach der Beschlussgrundlage; zum anderen würde dies dem Umstand Rechnung tragen, dass vereinbarungsändernde Beschlüsse nicht nur aufgrund rechtsgeschäftlicher, sondern auch aufgrund gesetzlicher Öffnungsklausel – etwa dem genannten § 16 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 WEG-E – gefasst werden können. Allerdings dürfte auch eine solche Differenzierung zu einem Ansteigen von Rechtsstreiten in diesem Bereich führen, was letztlich der Rechtssicherheit nicht dienlich wäre.

Darüber hinaus stellten sich auch in diesem Falle die nachfolgend geschilderten Probleme in Zusammenhang mit der Grundbucheintragung.

 

Voraussetzungen und Vollzug der Grundbucheintragung

Die Voraussetzung in § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 WEG-E dürfte in der Praxis weitere Probleme bereiten. Danach bedarf es zur Eintragung eines Beschlusses im Sinne des § 5 Abs. 4 S. 1 WEG-E der Bewilligungen der Wohnungseigentümer nicht, wenn die in § 24 Abs. 6 WEG-E bezeichneten Personen erklären, dass die Frist des § 45 Abs. 1 (Satz 1) WEG-E abgelaufen und kein Verfahren über den Beschluss nach § 44 Abs. 1 WEG-E anhängig ist.

Während der Fristablauf eine objektive Tatsache ist, erschließt sich nicht, woher die in § 24 Abs. 6 WEG-E bezeichneten Personen die subjektive Kenntnis nehmen sollen, dass kein Verfahren nach § 44 Abs. 1 anhängig ist. Eine solche Erklärung können die in § 24 Abs. 6 WEG-E bezeichneten Personen mangels Einblicks in die EDV des zuständigen Gerichts ehrlicherweise nicht abgeben. Dies gilt umso mehr, als auch nach Ablauf der Klagefrist des § 45 Abs. 1 WEG-E eine Beschlussanfechtungsklage verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhoben werden kann, was – wie nachfolgend zur Beschlusssammlung dargestellt – bei Abschaffung der Beschlusssammlung sogar eher der Regel- als der Ausnahmefall werden könnte. Eine Nichtigkeitsklage gem. § 44 Abs. 1 Var. 2 WEG-E kann ohnehin unabhängig von den Fristen in § 45 Abs. 1 WEG-E erhoben werden.

Dies könnte in der Praxis dazu führen, dass gem. § 7 Abs. 4 S. 2 i. V. m. S. 1 Nr. 1 WEG-E häufig die Eintragung einer Vormerkung beantragt wird, deren Voraussetzungen mangels Verweises auf Abs. 4 S. 1 Nr. 2 erheblich geringer sind. Nur am Rande sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Eintragungsmöglichkeit einer Vormerkung schon deshalb fraglich erscheint, weil es in diesem Zusammenhang an einem vormerkungsfähigen Anspruch fehlt (vgl. § 883 Abs. 1 BGB).

Insbesondere aus Sicht der Amtsgerichte bestehen aber erhebliche Bedenken, dass es bereits durch die Möglichkeit der Eintragung von Beschlüssen, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, gem. § 5 Abs. 4 S. 1 WEG-E, verbunden mit der davon abhängigen Gültigkeit solcher Beschlüsse für Sondernachfolger gem. § 10 Abs. 3 S. 1 Var. 3 WEG-E, zu einer erheblichen Mehrbelastung der Grundbuchämter kommen würde. Noch höher würde diese ausfallen, wenn – wie von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorgeschlagen – alle vereinbarungsändernden Beschlüsse in das Grundbuch eingetragen werden müssten, um Sondernachfolger daran zu binden. Dies wird durch die dogmatisch fragwürdige Möglichkeit, gem. § 7 Abs. 4 S. 2 WEG-E entsprechende Vormerkungen in das Grundbuch eintragen zu lassen, noch verstärkt. So betreffen etwa 78% aller rund 815.000 Grundbuchblätter beim Amtsgericht München Wohnungs- bzw. Teileigentum im Sinne des WEG. Eigentümerversammlungen finden mindestens einmal im Jahr, in etlichen Wohnungseigentümergemeinschaften auch mehrmals im Jahr, statt. Beschlüsse aufgrund einer Vereinbarung können an jeder Versammlung gefasst werden. Dies dürfte den Verwaltungsmehraufwand infolge der beabsichtigten Neuregelung deutlich machen, für den die Länder bei den Grundbuchämtern entsprechende Stellen schaffen müssten, um zeitnahe Eintragungen zu gewährleisten.

Abgesehen vom damit verbundenen Personalmehrbedarf bei den Grundbuchämtern ist eine Überfrachtung des Grundbuchs durch die vermehrte Eintragung von Beschlüssen und Vormerkungen zu befürchten.

Dem steht aber kein so erheblicher Transparenzgewinn gegenüber, wie dies bei Empfehlung der Gesetzesänderung angenommen wurde. Die einfachere Lesbarkeit des Grundbuchs gegenüber einer Beschlusssammlung ist zumindest für juristische Laien zu bezweifeln. Die Einsichtnahme in eine vom Verwalter – wie bislang – nach gesetzlichem Maßstab zu führende Beschlusssammlung gewährleistet demgegenüber eine unbürokratische und transparente Informationsmöglichkeit über sämtliche Beschlüsse einer WEG für jeden einzelnen Wohnungseigentümer und potentiellen Erwerber, sowie auch für den neuen Verwalter im Falle eines Verwalterwechsels.

Eine einfache Möglichkeit, den Wohnungseigentümern noch mehr Klarheit darüber zu verschaffen, welche Beschlüsse aufgrund einer Vereinbarung gefasst wurden, bzw. durch welche Beschlüsse eine Vereinbarung geändert wurde, könnte es sein, solche Beschlüsse in der Beschlusssammlung – für deren Beibehaltung plädiert wird, siehe nachfolgend – entsprechend zu kennzeichnen. Der bürokratische Aufwand durch Eintragung bestimmter Beschlüsse und Vormerkungen in das Grundbuch entfiele, die Wohnungseigentümer könnten alle Beschlüsse auch ohne gebührenpflichtige Anträge auf Grundbucheinsicht stets beim Verwalter einsehen, und die Folgeprobleme aus einer unterbliebenen Grundbucheintragung bestimmter Beschlüsse (Bindungswirkung/Haftung) stellten sich nicht.

 

III. Abschaffung der Beschlusssammlung, § 24 Abs. 7 und 8 WEG

 

Der mit den Regelungen in §§ 5 Abs. 4 S. 1, 7 Abs. 4, 10 Abs. 3 WEG-E in Zusammenhang gemachte Vorschlag des Referentenentwurfs, die Beschlusssammlung (§ 24 Abs. 7 und Abs. 8 WEG) abzuschaffen, ist abzulehnen.

Die Pflicht zur Führung einer Beschlusssammlung mit konkreten, gesetzlich bestimmten Inhalten (§ 24 Abs. 7 WEG) gewährleistet bislang, dass sich Wohnungseigentümer und deren Sondernachfolger jederzeit und unbürokratisch auf einen Blick über alle bisher gefassten Beschlüsse der Eigentümer informieren können. Gemäß § 24 Abs. 7 WEG sind darin alle Beschlüsse der Eigentümer mit Ort und Datum, sowie gerichtliche Entscheidungen in Wohnungseigentumssachen fortlaufend einzutragen und zu nummerieren. Insbesondere ist in die Beschlusssammlung auch einzutragen, wenn ein Beschluss durch gerichtliche Entscheidung für ungültig erklärt wurde.

Selbst wenn die Bindung vereinbarungsändernder bzw. aufgrund einer Vereinbarung gefasster Beschlüsse für Sondernachfolger von der Eintragung dieser Beschlüsse in das Grundbuch abhängig gemacht werden sollte, so könnte dies nicht die Beschlusssammlung ersetzen.

Zwar weist die Begründung des Referentenentwurfs darauf hin, dass die Pflicht zur Führung einer Beschlusssammlung eingeführt worden sei, damit sich potentielle Erwerber über gefasste Beschlüsse einfacher informieren könnten (BT-Drucks. 16/887, S. 11). Dies ist aber unvollständig. Daneben wurde die Einführung dieses Erfordernisses gerade auch damit begründet, dass es für die Wohnungseigentümer selbst sinnvoll sei, da diese sich sowohl über die bisher gefassten Beschlüsse in ihrer Gesamtheit, als auch über etwaige Aufhebungen eines Beschlusses durch gerichtliche Entscheidung informieren könnten (BT-Drucks. 16/887, S. 11). Diese Möglichkeit fiele bei Abschaffung der Beschlusssammlung weg.

Dies wird auch nicht durch das Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen gem. § 18 Abs. 4 S. 1 WEG-E gewährleistet. Zwar gehören hierzu nach der Begründung des Referentenentwurfs auch die Niederschriften (sog. Versammlungsprotokolle, § 24 Abs. 6 S. 1 und S. 2 WEG bzw. WEG-E). Doch sind diese in der Praxis gerade keine vergleichbare Informationsquelle über den Inhalt von Beschlüssen. Versammlungsprotokolle enthalten regelmäßig eine Vielzahl von Informationen über den Ablauf der Versammlung, Diskussionsbeiträge, unterschiedliche Standpunkte, Anmerkungen des Verwalters, und gerade nicht nur die gefassten Beschlüsse. So kann die Niederschrift einer Versammlung selbst dann einen erheblichen Umfang aufweisen, wenn in der Versammlung nur wenige Beschlüsse gefasst wurden. Diese müssten im Protokoll erst einmal zeitaufwendig zwischen all den anderen Informationen gesucht werden. Je älter die WEG und je umfangreicher die Unterlagen, desto höher wäre der Rechercheaufwand.

Demgegenüber ist in § 24 Abs. 7 WEG genau definiert, welchen Inhalt eine Beschlusssammlung aufweisen muss. Die sich daraus ergebende Übersichtlichkeit hat zur Folge, dass ein Wohnungseigentümer mit einem Blick in die Beschlusssammlung mit erheblich weniger Zeit- und Leseaufwand herausfinden kann, auf welcher Versammlung an welchem Datum welche Beschlüsse gefasst wurden – und ggf. auch, welche gerichtlich für ungültig erklärt wurden. Will der Wohnungseigentümer zum Zustandekommen einzelner Beschlüsse mehr erfahren, so kann er nach Einblick in die Beschlusssammlung gezielt Einsicht in das jeweilige Versammlungsprotokoll nehmen.

Da Beschlüsse, die nicht aufgrund einer Öffnungsklausel gefasst werden, gem. § 10 Abs. 3 S. 2 WEG-E weiterhin ohne Grundbucheintragung auch Sondernachfolger binden, würde die Abschaffung des Erfordernisses, eine Beschlusssammlung zu führen, also in jedem Fall zu einer erheblichen Transparenzverschlechterung für alle Wohnungseigentümer, deren Sondernachfolger und auch neue Verwalter einer WEG führen.

Daneben würde die Abschaffung der Beschlusssammlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem starken Anstieg der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Beschlussanfechtungsklagen (§ 46 Abs. 1 S. 1 Var. 1 WEG-E) in 1. Instanz führen.

Diese sind gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 WEG-E innerhalb eines Monats ab Beschlussfassung zu erheben. Zur Klageerhebung ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Bezeichnung der angefochtenen Beschlüsse erforderlich. In der Praxis vergehen nach der Versammlung oft mehrere Wochen, bis ein Versammlungsprotokoll fertiggestellt, von allen Beteiligten unterschrieben und allen Wohnungseigentümern zur Verfügung gestellt wurde. Demgegenüber ist die Beschlusssammlung gemäß § 24 Abs. 7 S. 7 WEG unverzüglich nach einer Beschlussfassung zu ergänzen. Dies bietet den Eigentümern die Möglichkeit, sich so rechtzeitig über den Inhalt neuer Beschlüsse zu informieren, dass eine Beschlussanfechtungsklage innerhalb der einmonatigen materiellen Ausschlussfrist gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 WEG ohne weiteres möglich ist.

Diese Möglichkeit wird bei Abschaffung der Beschlusssammlung nicht mehr bestehen. In der Praxis dürfte daher in vielen Fällen von den Gerichten zusätzlich zur Beschlussanfechtung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Anfechtungsfrist gem. § 45 Abs. 1 WEG-E zu entscheiden sein. Dies könnte auch Zwischenstreite (§ 238 Abs. 1 S. 2 ZPO) zur Folge haben, in denen etwa zu klären wäre, wann das Protokoll dem klagenden Wohnungseigentümer zur Verfügung gestellt wurde. Der erhöhte Aufwand bei Gericht wäre der Verfahrensdauer und damit dem Rechtsschutzinteresse der Wohnungseigentümer abträglich.

Zudem könnte sich die Frage nach Regress beim Verwalter stellen, wenn dieser das Protokoll erst nach Ablauf der Klagefrist zugesandt hat, ein Wohnungseigentümer aber vorsorglich alle Beschlüsse angefochten hat, um die Klagefrist einzuhalten, dann aber die Klage teilweise wieder zurücknehmen muss. Diese Fragen hatten sich vor Einführung der Beschlusssammlung durch die WEG-Reform des Jahres 2007 häufig gestellt, spielen seitdem aber keine praktische Rolle mehr.

Von der Abschaffung des Erfordernisses, eine Beschlusssammlung zu führen (§ 24 Abs. 7 und Abs. 8 WEG), ist daher unabhängig von den in §§ 5 Abs. 4 S. 1, 7 Abs. 4, 10 Abs. 3 WEG-E vorgesehenen Neuregelungen nachdrücklich abzuraten.

 

IV. Rechte und Pflichten des Verwalters, §§ 9a, 9b Abs. 1, 27 WEG-E

 

Nach bisherigem Recht sind die Eigentümer Herren der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Sie entscheiden die wesentlichen Fragen gemäß § 21 Abs. 1 und 3 WEG durch Beschluss. Aufgrund des ihnen eingeräumten Selbstorganisationsrechts steht ihnen dabei ein weites Ermessen zu (dazu BGH, Urteil vom 28. September 2012 – V ZR 251/11 –, BGHZ 195, 22 = NJW 2012, 3719, Rn. 11). Der Verwalter ist gegenüber den einzelnen Eigentümern (und der Gemeinschaft) gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verpflichtet, deren Beschlüsse umzusetzen. Ohne Beschluss der Eigentümer ist der Verwalter bislang regelmäßig nicht berechtigt, eigenmächtig Aufträge im Namen der WEG zu erteilen (vgl. Becker, in: Bärmann, WEG, 14. Auflage 2018, § 27, Rn. 14). Gemäß § 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG obliegt die Entscheidung über das „Ob“ und das „Wie“ der Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen den Wohnungseigentümern (vgl. etwa Becker, in: Bärmann, a. a. O., Rn. 38 m. w. N.).

Diese als schwerfällig empfundene Kompetenzverteilung soll nach dem Referentenentwurf erheblich verändert werden. Die Stellung des Verwalters soll erheblich gestärkt werden, indem dieser vollumfassende Vertretungsmacht für die Gemeinschaft (§ 9a WEG-E) erhält, welche die Wohnungseigentümer Dritten gegenüber nicht einschränken können (§ 9b Abs. 1 WEG-E). Zugleich soll die enumerative Regelung seiner Pflichten gegenüber der Gemeinschaft und den einzelnen Eigentümern in § 27 WEG weitgehend wegfallen; gegenüber den einzelnen Eigentümern werden in § 27 Abs. 1 WEG-E keine konkreten Pflichten mehr kodifiziert. Darüber hinaus können einzelne Wohnungseigentümer wesentliche Rechte nicht mehr direkt gegenüber dem Verwalter geltend machen. Vielmehr sollen die einzelnen Eigentümer allgemein auf einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung gegenüber der Gemeinschaft (§ 18 Abs. 2 WEG-E) verwiesen sein. In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass zwar einerseits Pflichten des Wohnungseigentümers (§ 14 WEG-E) und Pflichten Dritter (§ 15 WEG-E) in je einer eigenen Vorschrift ausdrücklich geregelt werden sollen, aber bis auf die Generalklausel in § 27 Abs. 1 WEG-E nicht die Pflichten des Verwalters. Begründet wird die neue Regelungssystematik im Wesentlichen mit dem Wunsch nach effizienterer Verwaltung, sowie dem Gebot des Drittrechtsschutzes (Begründung des Ref-E, Seite 79 bzw. 50).

Diese neue Regelungssystematik begegnet zumindest in ihrer Gesamtheit einigen Bedenken. Denn letztlich sind es die einzelnen Eigentümer, deren Anteil am Gemeinschaftseigentum nach den Regelungen des WEG verwaltet werden soll. Deren Interessen sollten im Rahmen des Wohnungseigentumsrechts im Mittelpunkt stehen.

Die Neuregelung wird im Hinblick auf Schwerfälligkeiten der bisherigen Verwaltungssystematik von der Richterschaft teils befürwortet, teils kritisch gesehen. Diese Darstellung soll sich den Kritikpunkten widmen, um Ansatzpunkte für mögliche Korrekturen aufzuzeigen.

 

Möglichkeit des Missbrauchs der Vertretungsbefugnis, § 9b Abs. 1 WEG-E

Die umfassende, von den Wohnungseigentümern im Außenverhältnis nicht beschränkbare (§ 9b Abs. 1 S. 3 WEG-E) Vertretungsbefugnis eröffnet Missbrauchsmöglichkeiten, denen einzelne Eigentümer effektiv zunächst wenig entgegensetzen könnten. Nach § 9b Abs. 1 S. 1 WEG-E kann ein Verwalter ohne Beschluss Aufträge vergeben, für die jeder Eigentümer gemäß § 9b Abs. 4 S. 1 WEG-E dem Gläubiger unmittelbar nach der Höhe seines Miteigentumsanteils haftet. Einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung könnte der einzelne Eigentümer nur gegenüber der WEG geltend machen   (§ 18 Abs. 2 WEG). Die Möglichkeit, den Verwalter wegen Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, dürfte wegen des Wegfalls des konkreten Pflichtenprogramms in § 27 WEG erheblich erschwert sein. Soweit die WEG gegenüber dem einzelnen Eigentümer für Pflichtverletzungen des Verwalters im konkreten Fall überhaupt haften würde, hätte dies letztlich zunächst zur Folge, dass alle Eigentümer anteilig verpflichtet wären, dem gegen die WEG klagenden Eigentümer den Schaden aus einer Pflichtverletzung des Verwalters zu ersetzen; die WEG könnte dann in einem zweiten Prozess gegen den Verwalter vorgehen. Letzteres erscheint sehr unpraktikabel und mit praktischen Schwierigkeiten, sowohl im Rahmen der haftungsbegründenden, als auch im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität behaftet. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass bei konkreten Auftragsvergaben, für die der Auftragnehmer eine Gegenleistung erbringt, der Nachweis eines konkreten Schadens für den einzelnen Eigentümer in der Praxis schwierig sein dürfte.

Eine Unterbrechung der Verjährung etwaiger Ersatzansprüche der WEG gegen den Verwalter könnte bei Inanspruchnahme der Gemeinschaft nach § 18 Abs. 2 WEG-E zudem nur durch eine Streitverkündung seitens der WEG gegenüber dem Verwalter erfolgen. Die WEG wird aber im Prozess durch den Verwalter vertreten, der an einer solchen Streitverkündung kein Interesse haben dürfte. Damit besteht die Gefahr, dass Ersatzansprüche gegen den Verwalter regelmäßig nicht realisiert werden können, sondern die Wohnungseigentümer letzten Endes den Schaden tragen.

 

Pflichten des Verwalters nach § 27 WEG-E

Die der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 Abs. 1 HGB entsprechende Regelung in § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG-E erscheint im Wohnungseigentumsrecht zu unklar und weitgehend. Danach ist der Verwalter gegenüber der WEG berechtigt und verpflichtet, alle Maßnahmen zu treffen, die „die gewöhnliche Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mit sich bringt“. Dagegen wurde keine dem § 116 Abs. 2 HGB entsprechende Regelung, wonach alle anderen Maßnahmen eines Beschlusses der Wohnungseigentümer bedürfen, in § 27 Abs. 1 WEG-E aufgenommen.

Falls Verwalter in der Praxis die unbeschränkte Vertretungsbefugnis nach außen missbrauchen sollten, um ohne den Aufwand einer Eigentümerversammlung kostspielige Erhaltungsmaßnahmen in Auftrag zu geben, die die Eigentümer so nicht beschlossen hätten, dürften sie sich wohl im Streitfall darauf berufen, dass es sich dabei um „gewöhnliche Verwaltung“ gehandelt habe. Der unbestimmte Begriff, der weiter zu verstehen sein dürfte als der Begriff der „laufenden Verwaltung“, lässt Spielraum, der im Streitfall von der Rechtsprechung auszufüllen sein würde. Mangels konkreterer Regelung dürften hier erhebliche Unterschiede bei der Behandlung der Einzelfälle entstehen.

Ob ein Verwalter also im Einzelfall einen Auftrag gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG-E vergeben konnte oder eines Beschlusses der Eigentümer nach § 19 Abs. 1 WEG-E bedurft hätte, wäre mithin eine Frage des Einzelfalls; diese Unsicherheiten dürften im Falle eines Schadensersatzprozesses zugunsten des Verwalters wirken.

 

Weitere Kritikpunkte

Diese Neuregelungen sind vor dem Hintergrund der generellen Korruptionsanfälligkeit einer Auftragsvergabe ohne konkrete Vorgaben der Eigentümer und ohne wirksame Kontrolle des genauen Verwalterhandelns kritisch zu sehen.

Ferner würde letztlich auch die Eigentümerversammlung als Ort der Versammlung, Diskussion und Entscheidung der Wohnungseigentümer, wie sie ihr Gemeinschaftseigentum verwalten wollen, zugunsten der Effizienz der Verwaltung erheblich entwertet. Dies steht im Widerspruch zum Ziel des Entwurfs, die Wohnungseigentümerversammlung als zentralen Ort der Entscheidungsfindung zu stärken (Begründung des Ref-E, Seite 25).

Zwar sieht der Entwurf in § 27 Abs. 2 WEG-E vor, dass die Wohnungseigentümer die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern können. Da in der Praxis der Verwalter regelmäßig die Beschlussfassungen vorbereitet, dürfte diese Möglichkeit nur von „aktiven“ und gut informierten Wohnungseigentümergemeinschaften wirklich genutzt werden.

Die Möglichkeiten der einzelnen Wohnungseigentümer, bei missbräuchlichem Verwalterhandeln mit Hilfe der Gerichte unmittelbar effektiven Rechtsschutz zu erhalten, erscheinen durch diese wesentlichen Grundentscheidungen des Referentenentwurfs, wonach die wesentlichen Handlungsmöglichkeiten beim Verwalter und der Gemeinschaft als Verband liegen sollen, stark geschwächt.

 

Insbesondere: Ursprüngliche Zielsetzung des Wohnungseigentumsrechts

Dies wird auch im Lichte der Zielsetzung des Wohnungseigentumsgesetzes, breiten Teilen der Bevölkerung bezahlbares Immobilieneigentum zu verschaffen, das auch einen bedeutsamen Baustein beim Aufbau für die private Altersversorge darstellt (vgl. die Begründung A. Allgemeiner Teil, I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen), kritisch gesehen. Wohnungseigentümer investieren nicht selten ihre gesamten Ersparnisse in den Erwerb der Wohnung und gehen regelmäßig davon aus, dass es sich bei dem Erwerb von Wohnungseigentum grundsätzlich um eine sichere Investition handelt, durch die sie im Alter abgesichert sind. Durch die geplante Regelung werden aber im Interesse des allgemeinen Rechtsverkehrs Risiken einseitig auf die Wohnungseigentümer verlagert, ohne deren berechtigten Belange und Vermögensinteressen ausreichend zu schützen. Zudem wird der Verwalter davor geschützt, gem. § 179 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht in Anspruch genommen zu werden. Sowohl Dritte, die mit der WEG Rechtsgeschäfte abschließen wollen, als auch der Verwalter erscheinen aber als weniger schutzbedürftig als die einzelnen Wohnungseigentümer. Denn Dritte können sich vor Abschluss des Rechtsgeschäftes die Vollmacht des Verwalters nachweisen lassen und der Verwalter kann sich vor Abschluss eines Rechtsgeschäftes versichern, ob er ausreichend bevollmächtigt ist, notfalls durch Herbeiführung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer.

 

Anregungen

Die Neukonzeption sollte nochmals überdacht werden. Sollte die umfassende Vertretungsbefugnis, die dem Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe entspricht, nach dem Willen des Gesetzgebers aufrecht erhalten bleiben, so sollten im Gegenzug die Anforderungen an den Beruf des Wohnungseigentumsverwalters erheblich erhöht werden. Insbesondere wäre an die Einführung eines Sachkundenachweises und die Erweiterung des nach § 34c GewO und § 15 MaBV verlangten Versicherungsschutzes zu denken (vgl. auch Bund-Länder-Arbeitsgruppe, ZWE 2019, 429, 441). Zudem sollte den erheblichen Befugnissen des Verwalters im Außenverhältnis als Korrektiv eine effektive Kontrollmöglichkeit im Innenverhältnis zu den Wohnungseigentümern entgegengesetzt werden. Insbesondere erscheint es sinnvoll, bestimmte Grundpflichten des Verwalters gegenüber der Gemeinschaft und den einzelnen Eigentümern klar zu regeln.

Sollte an der Neukonzeption des § 27 WEG im Grundsatz festgehalten werden, so wäre empfehlenswert, zumindest in § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG-E an Stelle der „gewöhnlichen“ nur auf die „laufende“ Verwaltung abzustellen und die Regelung um einen zweiten Satz zu ergänzen, der § 116 Abs. 2 HGB entspricht – also in einem gesonderten Satz klarzustellen, dass zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinaus gehen, ein Beschluss der Eigentümer erforderlich ist. Dies würde deutlich machen, dass die Eigentümer vor allem kostenintensive Entscheidungen selbst treffen.

 

V. Ausübungsbefugnis gemäß § 9a Abs. 2 WEG-E und Wegfall von § 10 Abs. 6 S. 3 WEG

 

Die Abschaffung der Unterscheidung zwischen geborener und gekorener Wahrnehmungsbefugnis in § 10 Abs. 6 S. 3 WEG und die Einführung des § 9a Abs. 2 WEG-E hat erhebliche praktische Relevanz im Bereich des Gewährleistungsrechts beim Erwerb vom Bauträger. Die Auswirkungen der vorgesehenen Änderung werden in der Richterschaft kontrovers diskutiert.

Nach derzeitiger Rechtslage kann jeder Wohnungseigentümer die ihm zustehenden primären Mängelrechte aus dem Vertragsverhältnis mit dem Veräußerer selbständig geltend machen; allerdings kann die Gemeinschaft die Rechte der einzelnen Eigentümer in Bezug auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums an sich ziehen und vergemeinschaften. Dieser Fall der gekorenen Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 WEG unterscheidet sich zur Neuregelung in § 9a Abs. 2 WEG-E dadurch, dass nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 WEG die Aktivlegitimation des einzelnen Eigentümers zur Geltendmachung bestimmter ihm aus dem Erwerbsvertrag zustehender Ansprüche nur dann entfällt, wenn eine entsprechende Willensbildung in der Gemeinschaft stattgefunden hat und diese nicht missbräuchlich ist, um dem Eigentümer die Geltendmachung seiner Ansprüche zu vereiteln (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2018 – V ZR 328/17 –, WuM 2019, 102, Leitsatz 1b und Rn. 22; gilt nicht für Rücktritt bzw. großen Schadensersatz, BGH, Urteil vom 12. April 2007 – VII ZR 236/05 –, BGHZ 172, 42 = NJW 2007, 1952, Rn. 18).

Unklar bleibt nach der Neukonzeption von § 9a Abs. 2 WEG-E und dem Wegfall der Differenzierung in § 10 Abs. 6 S. 3 WEG, wie es sich im Einzelnen mit der Aktivlegitimation für die verschiedenartigen in Betracht kommenden Mängelrechte beim Erwerb vom Bauträger verhalten soll. Im Hinblick auf die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung dieser Fragen wäre eine umfassendere Klarstellung in der Begründung des Entwurfs unter Berücksichtigung der Differenzierungen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung hilfreich.

 

VI. Betretungsrecht gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG-E

 

Das Betretungsrecht in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG-E erscheint sehr weitgehend im Vergleich zum bisherigen § 14 Nr. 4 WEG. Dieses dürfte im Lichte des Art. 13 GG sehr restriktiv auszulegen sein. Eine gesonderte Regelung zum Betretungsrecht wäre – auch sprachlich – wünschenswert. Eine solche könnte etwa dahingehend lauten, dass das Betreten der Wohnung gestattet werden muss, soweit dies zur Umsetzung von Vereinbarungen und Beschlüssen der Gemeinschaft erforderlich ist. Zumindest eine dezidierte Klarstellung in der Begründung des Gesetzesentwurfs erscheint erforderlich.

 

VII. Vereinfachung des § 16 WEG-E

 

Die deutliche Vereinfachung der Möglichkeiten, die Kostenverteilung innerhalb der WEG im Wege des Mehrheitsbeschlusses zu ändern, wird begrüßt. Sie dürfte die Praxis der Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums erheblich erleichtern und Rechtsstreite vermeiden.

 

VIII. Anspruch auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen, § 18 Abs. 4 WEG-E

 

Gemäß § 18 Abs. 4 WEG-E soll jeder Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen können. Dies erscheint nicht praxisgerecht. Hat die WEG einen Verwalter, so führt dieser die Verwaltungsunterlagen und bewahrt diese auf. Der Bundesgerichtshof hat daher aus §§ 675, 666 BGB das Recht des einzelnen Wohnungseigentümers abgeleitet, vom Verwalter Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu verlangen (BGH, Urteil vom 11. Februar 2011 – V ZR 66/10 –, NJW 2011, 1137, Rn. 8, juris).

Die Passivlegitimation der Gemeinschaft verhindert effektiven Rechtsschutz, da diese den Verwalter, wenn sie gemäß § 18 Abs. 4 WEG-E in Anspruch genommen wird, letztlich ihrerseits verklagen müsste, wenn dieser nicht freiwillig Einsicht in die Verwalterunterlagen gewähren sollte. In der Gerichtspraxis sind Fälle, in denen Verwalter einzelnen Eigentümern die Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen ganz oder teilweise versagen oder dies erschweren, nicht unbekannt.

Es wird daher angeregt, den Anspruch auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen als solchen gegen den Verwalter zu regeln.

 

IX. Bauliche Veränderungen von Gemeinschaftseigentum, §§ 20, 21 WEG-E

 

Die Änderung der Systematik der Regelungen zu der Zulässigkeit von und Kostentragung für bauliche Veränderungen von Gemeinschaftseigentum gemäß §§ 20, 21 WEG-E erscheint so, wie sie im Referentenentwurf vorgeschlagen wird, teilweise problematisch.

 

Absenkung der Anforderungen an Beschlüsse baulicher Veränderungen

Nach bisherigem Recht sind die Hürden für einen Beschluss über bauliche Veränderungen von Gemeinschaftseigentum hoch. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 WEG können diese beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus durch die Maßnahmen beeinträchtigt werden; soweit dies nicht der Fall ist, ist deren Zustimmung nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEG nicht erforderlich. In der Praxis der Rechtsprechung wird dabei zu vielen Maßnahmen faktisch die Zustimmung aller Wohnungseigentümer für erforderlich gehalten. Gemäß § 16 Abs. 6 S. 1 WEG hat ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, keinen Anspruch auf Nutzungen aufgrund der Maßnahme, ist aber auch nicht verpflichtet, die durch eine solche Maßnahme verursachten Kosten zu tragen. Für Modernisierungen im Sinne von § 555b Nr. 1-5 BGB sieht § 22 Abs. 2 WEG eine etwas erleichterte Beschlussfassung mit doppelt-qualifizierter Mehrheit vor. Die Kosten einer solchen Maßnahme sind von allen Eigentümern – auch denen, die nicht dafür gestimmt haben – nach Miteigentumsanteilen zu tragen; die Eigentümer können aber nach § 16 Abs. 4 S. 1 WEG im Einzelfall eine dem tatsächlichen Gebrauch oder der Gebrauchsmöglichkeit entsprechende abweichende Kostenverteilung beschließen.

Diese Regelung wird in der Praxis als veränderungsfeindlich, teils umständlich und im Verweis auf die mietrechtliche Vorschrift des § 555b Nr. 1-5 BGB als unklar empfunden. Es ist daher zu begrüßen, dass der Referentenentwurf versucht, eine einfachere Regelungsstruktur zu entwickeln, die auch das politische Ziel umsetzt, bauliche Maßnahmen zur Elektromobilität und Barrierefreiheit (und daneben Einbruchsschutz) in Wohnungseigentumsanlagen zu erleichtern. Der Ansatz, die Regelungen in § 22 WEG zu vereinfachen, ist auch aus Sicht der Praxis der Rechtsprechung zu begrüßen.

Die Möglichkeit, bauliche Veränderungen von Gemeinschaftseigentum gemäß § 20 Abs. 1 WEG-E mit einfacher Mehrheit zu beschließen, begegnet allerdings im Hinblick auf das berechtigte Vertrauen eines Erwerbers von Wohnungseigentum auf den Erhalt des wesentlichen äußeren Bestands der Wohnungseigentumsanlage Bedenken. Denn bauliche Veränderungen von Gemeinschaftseigentum können auch dann, wenn die äußerste Grenze des § 21 Abs. 4 WEG-E nicht erreicht wird, die Optik einer Wohnanlage erheblich verändern, was im Sinne des Rechtsfriedens innerhalb der Gemeinschaft ein hohes Maß an Akzeptanz eines solchen Beschlusses voraussetzt.

Darüber hinaus würde die deutliche Absenkung des Quorums für einen Beschluss über bauliche Veränderungen von Gemeinschaftseigentum finanziell schwache Eigentümer – etwa Rentner, die ihr ganzes Leben lang hart gespart haben, um im Alter durch eine Eigentumswohnung auch bei karger Rente abgesichert zu leben – wohl überfordern, wenn der Gesetzesentwurf sein Ziel erreicht und entsprechend häufiger als bisher bauliche Veränderungen von Gemeinschaftseigentum beschlossen würden. Zugleich würden Eigentumswohnungen erheblich attraktiver für Investoren, die mit einfacher Mehrheit in einer WEG Luxussanierungen beschließen und entsprechende Wertsteigerungen realisieren könnten. Dies würde wiederum die Preisspirale in den deutschen Großstädten noch weiter erhöhen, in denen der Erwerb von Wohnungseigentum für Durchschnittsverdiener ohnehin bereits schwierig geworden ist. So könnte letztlich die Möglichkeit, bauliche Veränderungen von gemeinschaftlichem Eigentum mit bloßer Mehrheit zu beschließen, den ursprünglichen Zweck des Wohnungseigentumsgesetzes, breiten Bevölkerungsschichten den Erwerb eines „Eigenheims“ zu ermöglichen (Ziffer A. der Vorlage des Referentenentwurfs), konterkarieren.

Es sollte daher überprüft werden, in der Grundregel für bauliche Veränderungen doch noch ein höheres Quorum als die Mehrheit zu normieren.

 

Die weiteren Regelungen des § 20 WEG-E

Nach § 20 Abs. 2 S. 1 WEG-E kann jeder Wohnungseigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge und dem Einbruchsschutz dienen, wobei nach S. 2 über die Durchführung im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung zu beschließen ist. Der Anspruch auf Genehmigung oder Vornahme von Maßnahmen, die der Barrierefreiheit und der Errichtung von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge dienen (§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WEG-E), ist zu begrüßen, da dies zunehmend von vielen Eigentümern gefordert wird. Positiv ist, dass die Wohnungseigentümer gem. § 20 Abs. 2 S. 2 WEG über das „Wie“ der Ausführung ausdrücklich im Rahmen ihres Ermessens selbst entscheiden.

Im Hinblick auf § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 WEG-E wird nur angemerkt, dass Maßnahmen des Einbruchsschutzes auch technische Überwachungsmöglichkeiten sein können. Solche erscheinen im Hinblick auf das Recht jedes Wohnungseigentümers auf informationelle Selbstbestimmung problematisch, soweit diese das Gemeinschaftseigentum betreffen. In der Gerichtspraxis sind etwa Fälle bekannt, in denen sog. „digitale Türspione“ eingesetzt werden, um Wohnungseigentümer gegenüberliegender Wohnungen zu „überwachen“. Sollte eine Privilegierung für Maßnahmen, die dem Einbruchsschutz dienen, aufrechterhalten werden, so wäre eine Klarstellung wünschenswert, ob dies auch technische Überwachungsvorrichtungen umfasst, die den Bereich des Gemeinschaftseigentums und/oder den Zugang zu anderen Sondereigentumseinheiten betreffen.

 

Kosten baulicher Veränderungen, § 21 WEG-E

Problematisch erscheint aber vor allem die vorgeschlagene Neuregelung der Kostenverteilung bei baulichen Veränderungen in § 21 WEG-E. Gegen diese bestehen in mehrfacher Hinsicht Bedenken.

Systematisch geht das Wohnungseigentumsrecht von dem Grundsatz aus, dass stets feststehen muss, welcher Anteil an bestimmten Kosten von welchem Eigentümer zu tragen ist (vgl. etwa Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 5. Auflage 2010, 6. Teil. Die anteilige Lasten- und Kostentragung, Rn. 104 m. w. N.; vgl. auch die bisher klare Regelung in § 28 Abs. 1 Nr. 2 WEG und hierzu BGH, Beschluss vom 02.06.2005 - V ZB 32/05, NJW 2005, 2061, 2068). Auch wenn die Wohnungseigentümer eine abweichende Kostenverteilung beschließen, etwa nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG-E, muss daher bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung feststehen, nach welchem Maßstab die Kosten verteilt werden, mithin welcher Anteil an den Gesamtkosten auf welchen Eigentümer entfällt.

Die Systematik von § 21 WEG-E führt aber dazu, dass die Höhe der Beteiligung an den Kosten baulicher Veränderungen von Gemeinschaftseigentum in vielen Fällen erst nachträglich festgestellt werden kann. Dies dürfte zu erheblicher Rechtsunsicherheit beitragen.

Ein Beispiel: Laut § 21 Abs. 3 S. 1 WEG-E sollen die Eigentümer, die eine bauliche Veränderung beschlossen haben, die nicht Abs. 1 oder Abs. 2 unterfallen, alleine deren Kosten tragen. Gehen die Teilnehmer einer Eigentümerversammlung fälschlicherweise davon aus, dass eine dort beschlossene Maßnahme von § 21 Abs. 2 S. 1 WEG-E gedeckt ist, also einer Anpassung an nach Art, Alter und Lage vergleichbare Anlagen dient, so wären die Kosten gem. § 21 Abs. 3 S. 1 WEG-E nur den Eigentümern aufzuerlegen, die auf der Versammlung (in der Meinung, es handle sich um Maßnahmen des § 21 Abs. 2 S. 1 WEG-E) dafür abgestimmt haben. Die konkrete Kostenbeteiligung könnte sich somit nachträglich ändern. Die Regelungssystematik des § 21 Abs. 3 S. 1 WEG-E führt dazu, dass Eigentümern in Zukunft geraten werden müsste, zur Vermeidung von Kostentragungsrisiken bei Abstimmungen zu baulichen Veränderungen, die nicht von einzelnen Eigentümern nach § 20 Abs. 2 WEG-E verlangt werden, nicht mit „ja“ zu stimmen oder gar nicht erst an der Versammlung teilzunehmen. Dies dürfte nicht Sinn und Zweck der Vorschrift sein. Zudem stellt sich das praktische Problem, bei Abstimmungen über bauliche Veränderungen immer namentlich abstimmen zu lassen.

In diesem Zusammenhang bestehen ferner Bedenken, wie zu § 21 Abs. 2 S. 1 WEG-E in der Praxis ermittelt werden soll, ob eine bauliche Änderung „der Anpassung an nach Art, Alter und Lage vergleichbare Anlagen“ dient. Nach der Begründung des Entwurfs soll damit die Anpassung an einen „zeitgemäßen“ baulichen Zustand erreicht werden, also an einen Soll-Zustand. Die Anpassung an „nach Art, Alter und Lage vergleichbare Anlagen“ ist jedoch etwas anderes, nämlich die Anpassung an einen Ist-Zustand. Der Bezugsmaßstab sollte gegebenenfalls an die gesetzgeberische Intention angepasst werden. Im Übrigen wäre auch eine Beweiserhebung zu der Frage, ob durch bauliche Veränderungen eine Anpassung an „nach Art, Alter und Lage vergleichbare Anlagen“ erreicht wird, rein tatsächlich schwierig.

Darüber hinaus dürfte die Regelungssystematik in § 21 Abs. 1 und Abs. 4 WEG-E zu den Fällen des § 20 Abs. 2 WEG-E praktisch kaum umsetzbar sein.

Nach § 21 Abs. 1 WEG-E hat der Wohnungseigentümer, der eine solche bauliche Maßnahme verlangt, deren Kosten zu tragen (S. 1); dafür gebühren ihm alleine die Nutzungen (S. 2). Möchte einer der anderen Eigentümer diese Maßnahme auch nutzen, so kann er gem. § 21 Abs. 4 S. 1 WEG-E verlangen, dass ihm dies gegen angemessenen Ausgleich ermöglicht wird. Nach § 21 Abs. 4 S. 2 WEG-E soll für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten Abs. 3 entsprechend gelten.

Folgender fiktiver Fall soll verdeutlichen, weshalb dies praktisch zwangsläufig zu Umsetzungsschwierigkeiten führen dürfte:

Ein Wohnungseigentümer verlangt die Zustimmung zur Errichtung einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge. Darauf hat er nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WEG-E einen Anspruch. Oft ist die bisherige Elektroversorgung gerade älterer Häuser nicht ausreichend, um daran eine einfache Lademöglichkeit zu installieren. Um etwa das Risiko von Kabelbränden oder Kurzschlüssen zu vermeiden, ist z. B. die Verlegung einer Starkstromleitung, etwa auch zum Anschluss einer Wallbox, erforderlich (vgl. zu den technischen Voraussetzungen in der Praxis instruktiv Hübner, ZfIR 2020, 37, 39). Dies kann mit erheblichen Kosten verbunden sein. Nimmt diese ein Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 1 S. 1 WEG-E auf sich, kann alleine dieser die damit geschaffene Infrastruktur zum Laden seines Elektrofahrzeugs nutzen. Möchten diese aber in der Zukunft weitere Wohnungseigentümer nutzen, soll ihnen das gegen angemessenen Ausgleich nach § 21 Abs. 4 S. 1 und 2 i. V. m. Abs. 3 WEG-E gestattet werden. In der Praxis müsste dann jedes Mal, wenn ein weiterer Eigentümer eine solche Infrastruktur nutzen möchte, nachträglich die Kostenverteilung neu berechnet, ein entsprechender Beschluss gefasst , und müssten infolgedessen entsprechende Erstattungen an die Eigentümer vorgenommen werden, die zunächst die Schaffung der Infrastruktur finanziert hatten. Ein enormer Aufwand. Und es stellen sich weitere Probleme, etwa im Falle des Eigentümerwechsels. Erhält in diesem Fall der Rechtsnachfolger des Eigentümers, der die Infrastruktur bezahlt hat, die Ausgleichszahlungen? Muss ein Wohnungseigentümer, der eine solche Infrastruktur bezahlt hat, aber das Wohnungseigentum veräußert, anschließend die Ladeinfrastruktur auf eigene Kosten beseitigen? Oder kann er sie zurücklassen – darf aber kein anderer sie nutzen, außer gegen Ausgleichszahlung? Und wie soll diese nach seinem Ausscheiden aus der WEG bewerkstelligt werden?

Gleiches gilt auch für die anderen Privilegierungen, insbesondere hinsichtlich Maßnahmen, die der Barrierefreiheit dienen. Aber im Falle der Elektromobilität dürften sich diese Fragen wegen der Kosten der technischen Infrastruktur und der zu erwartenden zunehmenden Nutzung von Elektrofahrzeugen besonders häufig stellen.

Die gesamte Systematik der Kostentragungsregelung in § 21 WEG-E sollte daher nochmals insgesamt überprüft werden. Im Hinblick auf die Regelungen in § 21 Abs. 4 WEG-E stellt sich die Frage, ob die Privilegierung der in § 20 Abs. 2 S. 1 WEG-E genannten Maßnahmen nicht konsequent zur Folge haben könnte, dass diejenigen privilegierten Maßnahmen, die tatsächlich von allen Eigentümern genutzt werden können, letztlich von Anfang an von allen Eigentümern zu bezahlen sind – aber damit auch von allen genutzt werden können. In diesem Falle fiele die Problematik der nachträglichen Ausgleichszahlungen weg.

 

X. Zu § 26 WEG-E

 

Zu begrüßen ist, dass die Wohnungseigentümer nun berechtigt sein sollen, den Verwalter auch ohne die hohe Hürde eines „wichtigen Grundes“ vorzeitig abzuberufen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass nach der herrschenden Trennungstheorie die Gültigkeit des Verwaltervertrages hiervon nicht berührt wird. Bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ kann dieser gemäß §§ 675, 626 Abs. 1 BGB außerordentlich gekündigt werden; die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des auf einen bestimmten Zeitraum befristeten Verwaltervertrages ist indes regelmäßig ausgeschlossen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20. 6. 2002 - V ZB 39/01, NJW 2002, 3240; MüKoBGB/Engelhardt, 8. Aufl. 2020, WEG, § 26, Rn. 63). Auch bei vorzeitiger Abberufung des Verwalters sind die Wohnungseigentümer daher verpflichtet, dessen Vergütung für den restlichen Vertragszeitraum zu entrichten. Da die Begründung des Referentenentwurfs hierzu keine Ausführungen enthält, stellt sich die Frage, ob dies gewollt war. Die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes würde sich in diesem Falle weiter stellen, wenn die Wohnungseigentümer im Falle der vorzeitigen Abberufung zugleich die Kündigung des Verwaltervertrages nach §§ 675, 626 Abs. 1 BGB erklären. Gegebenenfalls könnte für den Fall der vorzeitigen Abberufung des Verwalters die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des Verwaltervertrages mit einer bestimmten Frist im Gesetzesentwurf vorgesehen werden, die auch dem Verwalter ein gewisses Maß an Planungssicherheit ermöglicht.

               

XI. Pflichten des Verwalters, § 27 WEG-E

 

Zur Abschaffung des enumerativen Pflichtenprogramms des Verwalters wurde bereits in Ziffer III. Stellung genommen. Darüber hinaus wird angeregt, die Regelung in § 27 Abs. 3 S. 2 und S. 3 WEG für den Fall der verwalterlosen WEG aufrechtzuerhalten. Diese sollte in keinem Fall ersatzlos wegfallen, da sie die Vertretung der verwalterlosen WEG erheblich erleichtert.

 

XII. Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Vermögensbericht, § 28 WEG-E

 

Unklar ist, was es für die Praxis von Beschlussanfechtungsverfahren bedeuten soll, dass ausdrücklich nur die Höhe der Vorschüsse zur Kostentragung (§ 28 Abs. 1 S. 1 WEG-E) bzw. die Einforderung von Nachschüssen bzw. die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse (§ 28 Abs. 2 S. 1 WEG-E) Gegenstand der Beschlussfassung sein soll, nicht aber der Wirtschaftsplan (§ 28 Abs. 1 S. 2 WEG-E) bzw. die Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 2 S. 2 WEG) als zugrunde liegendes Rechenwerk. Die Richtigkeit des Wirtschaftsplans und der daraus entwickelten Einzelwirtschaftspläne, bzw. der Jahresabrechnung und der daraus entwickelten Einzelabrechnungen, wird sich auf die Höhe der beschlossenen Vorschüsse gem. § 28 Abs. 1 S. 1 WEG-E bzw. deren Anpassung gem. § 28 Abs. 2 S. 1 WEG-E fast zwangsläufig auswirken.

Die Intention des Entwurfs lässt sich der Begründung nicht klar entnehmen. Falls in einem solchen Fall aber dennoch der Beschluss mit dem Gegenstand „Höhe des Vorschusses“ bzw. „Höhe der Nachschüsse“ (= Abrechnungsspitze) mit Erfolg angefochten werden kann, stellt sich die Frage, ob in diesem Falle – wie bisher – der Beschluss über den Wirtschaftsplan bzw. die Jahresabrechnung auch nur auf einzelne rechnerische Positionen beschränkt werden kann, oder ob bei jedem Fehler des zugrundeliegenden Rechenwerks der Beschluss insgesamt für ungültig zu erklären sein soll. Auch stellt sich in diesem Fall die Frage, ob dies für Beschlüsse über die „Höhe des Vorschusses“ aufgrund eines Wirtschaftsplans und die „Höhe der Nachschüsse“ aufgrund einer Jahresabrechnung gleichermaßen gelten soll. Dies lässt sich weder dem Wortlaut des Entwurfs noch der Begründung sicher entnehmen.

Regelungssystematisch ist darauf hinzuweisen, dass eigentlich kein Gleichlauf zwischen der Beschlussfassung über die Vorschüsse nach § 28 Abs. 1 S. 1 WEG-E infolge des Wirtschaftsplans einerseits, und der Beschlussfassung über etwaige Nachschüsse nach § 28 Abs. 2 S. 1 WEG-E (sog. Abrechnungsspitze) andererseits angenommen werden kann. Im Hinblick auf die bisher klare Regelung in § 28 Abs. 1 WEG werden etwaige Fehler im Rechenwerk eines (Gesamt-) Wirtschaftsplans von der Rechtsprechung bislang eher großzügig behandelt. Denn der Wirtschaftsplan stellt gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 WEG (“voraussichtlich“) eine Prognoseentscheidung dar, bei dessen Aufstellung den Wohnungseigentümern ein weiter Ermessensspielraum zusteht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 25.05.1998 - 2Z BR 22/98, NZM 1999, 34; T. Spielbauer, in: Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage 2017, § 28, Rn. 15). Es steht den Eigentümern frei, ob sie knapp oder großzügig kalkulieren (BayObLG, Beschluss vom 20.03.2001 - 2Z BR 101/00, NZM 2001, 754; OLG München, Beschluss vom 20.03.2008 - 34 Wx 46/07, NJW-RR 2008, 1182). Ein Wirtschaftsplan verstößt daher nach bisheriger Rechtslage nur gegen den Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn er zu wesentlich überhöhten Wohngeldforderungen oder zu erheblichen Nachzahlungspflichten führt (BayObLG, Beschluss vom 18. 2. 1998 - 2Z BR 134/97, NJW-RR 1998, 1624; T. Spielbauer, in: Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage 2017, § 28, Rn. 15). Anders ist dies im Falle der Jahresabrechnung, wobei der Beschluss über diese nach bisheriger Rechtsprechung auf rechnerisch selbständige und abgrenzbare Positionen begrenzt werden kann (vgl. etwa BGH, Urteil vom 04.12.2009 -  V ZR 44/09, ZWE 2010, 170; BGH, Beschluss vom 15.03.2007 - V ZB 1/06, ZWE 2007, 398, 399 m. w. N.).

Zudem heißt es in der Begründung des Entwurfs, der notwendige Inhalt der Jahresabrechnung sei nunmehr klarer gefasst. Allerdings wirft die vorgeschlagene Neuregelung insoweit, aber auch die Neuregelung zum Inhalt des Wirtschaftsplans, parallele Fragen auf.

Laut § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 WEG enthält der Wirtschaftsplan bislang die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben (Gesamtwirtschaftsplan) und gem. § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 2-4 WEG die anteilsmäßigen Verpflichtungen der einzelnen Eigentümer (Einzelwirtschaftspläne). Dagegen soll der Wirtschaftsplan gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 WEG-E „darüber hinaus“ die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthalten. Dementsprechend heißt es auch in § 28 Abs. 2 S. 2 WEG-E, dass die Jahresabrechnung „darüber hinaus“ die Einnahmen und Ausgaben enthält. Die Worte „darüber hinaus“ dürften zu streichen sein, da gerade die Übersicht über die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bislang der Gesamtwirtschaftsplan ist, während die Jahresabrechnung nach ständiger Rechtsprechung eine reine Einnahmen-/Ausgabenrechnung ist, in der alle tatsächlichen Mittelzuflüsse und -abflüsse anzugeben sind (BGH, Urteil vom 4. 12. 2009 - V ZR 44/09, ZWE 2010, 170, 171), was wohl nicht geändert werden sollte. Dies sollte sich aber zur Vermeidung von Unklarheiten in der Definition niederschlagen.

Soweit es im Referentenentwurf nunmehr heißt, dass die Jahresabrechnung über die Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse hinaus „auch die Einnahmen und Ausgaben enthält“ (§ 28 Abs. 2 S. 2 WEG-E a. E.), wirft dies die Frage auf, ob dies im Umkehrschluss bedeutet, dass das Erfordernis der rechnerischen Schlüssigkeit der Abrechnung, das sich in langjähriger Rechtsprechung herausgebildet hat, nicht mehr gelten soll. Danach muss der Saldo zwischen Einnahmen und Ausgaben dem Saldo der Anfangs- und Endbestände der Konten entsprechen; etwaige Differenzen müssen nachvollziehbar erklärt werden (vgl. etwa BGH, a. a. O.; BGH, Urteil vom 17.02.2012 − V ZR 251/10 NJW 2012, 1434, 1436; T. Spielbauer, in: Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage 2017, § 28, Rn. 32). Der Wortlaut von § 28 Abs. 2 S. 2 WEG-E könnte so verstanden werden, dass es der Angabe der Entwicklung der Konten in der Jahresabrechnung nunmehr nicht mehr bedürfte. Diese erscheinen als Mindestinhalt der Jahresabrechnung aber zwingend erforderlich.

Auch hierzu wäre eine Klarstellung des Gesetzeswortlauts oder der Begründung wünschenswert, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.

 

XIII. Sachliche Zuständigkeit, § 43 Abs. 2 WEG-E

 

Positiv ist, dass der systemfremde § 43 Nr. 5 WEG gestrichen werden soll. Sachgerecht ist es auch, dass Streitigkeiten über das sachenrechtliche Grundverhältnis nach der Begründung des Referentenentwurfs im Rahmen des § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG-E (auch wenn der Wortlaut dies nicht ausdrücklich erwähnt) nunmehr auch den Wohnungseigentumsgerichten zugewiesen sein sollen, die hierfür in der Regel besondere Sachkunde besitzen.

 

XIV. Beschlussanfechtungsverfahren als Verbandsklage, § 44 Abs. 2 S. 1 WEG-E

 

Die Einführung der Verbandsklage im Beschlussanfechtungsverfahren ist aus den Gründen, die in der Begründung des Referentenentwurfs aufgeführt werden, nachdrücklich zu begrüßen.

In der Praxis führt es zu erheblichem Verfahrensaufwand bei den Gerichten, dass die Beschlussanfechtungsklage gegen die übrigen Eigentümer zu richten ist. Soweit nicht alle Eigentümer vom selben Anwalt vertreten werden möchten, ist jeder Schriftsatz jedem einzelnen übrigen Eigentümer in Abschrift zuzustellen. Zudem hat das Gericht somit häufig eine Vielzahl einzelner Parteien, mit denen jeweils kommuniziert werden muss. In der Praxis gibt es nicht selten Fälle, in denen mangels Verwalter – oder weil es im angefochtenen Beschluss um die Abberufung des Verwalters geht – an alle übrigen Eigentümer zugestellt werden muss. Dies können in großen Eigentümergemeinschaften auch mehrere hundert Einzelpersonen sein. All diese sind auch mit Namen und Anschrift in der EDV des Gerichts zu erfassen. Die Probleme gehen in der Berufungsinstanz weiter. Dabei kommt es häufig vor, dass einzelne Eigentümer sich am Berufungsverfahren nicht beteiligen möchten, dann aber separat als notwendige Streitgenossen der übrigen Beklagten erfasst werden müssen. Jedem einzelnen muss in diesem Fall jede Verfügung und jeder Schriftsatz zugestellt werden.

Weitere Probleme bereitet das Erfordernis, bei einer Beschlussanfechtung alle übrigen Eigentümer zu verklagen, im Kostenfestsetzungsverfahren. Soweit die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits tragen, handelt es sich nicht um eine gesamtschuldnerische Haftung, so dass die Kosten im Grunde gegenüber jedem einzelnen Eigentümer festgesetzt werden müssen. In der Praxis werden die Kosten häufig vom Verwalter für die übrigen Eigentümer beglichen und in der Jahresabrechnung entsprechend umgelegt. Sauber ist diese Lösung nicht.

Auch psychologisch ist es einzelnen Eigentümern zudem oft nicht verständlich, weshalb sie „verklagt wurden“. Ferner trägt die Konstellation „ein Wohnungseigentümer gegen alle übrigen Wohnungseigentümer“ regelmäßig nicht zum Rechtsfrieden in der WEG bei, sondern fördert im Zweifel Zerstrittenheit und Frontenbildung.

Demgegenüber stellt die Verbandsklage, wie sie auch im Aktienrecht praktiziert wird (vgl. § 246 Abs. 2 S. 1 AktG), eine prozessual erheblich weniger aufwändige Möglichkeit dar, ein Beschlussanfechtungsverfahren zu führen. Diese Änderung würde in weiten Teilen der Gerichtspraxis mit Erleichterung aufgenommen werden.

 

XV. Ansprüche des Mieters, § 554 BGB-E

 

Die Regelung vermag keine vollständige Harmonisierung miet- und wohnungseigentumsrechtlicher Vorschriften zu erreichen. Denn nach § 554 BGB-E kann der Mieter von seinem Vermieter die Erlaubnis verlangen, bestimmte bauliche Veränderungen der Mietsache vorzunehmen. Dies widerspricht aber zumindest insoweit, als davon gemeinschaftliches Eigentum betroffen ist, der Regelungssystematik des § 20 Abs. 1 WEG-E, wonach es Sache der Gemeinschaft ist, bauliche Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum zu beschließen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss zu gestatten. Der einzelne Eigentümer ist daher in Bezug auf gemeinschaftliches Eigentum im Innenverhältnis gegenüber den übrigen Eigentümern ohne einen solchen Beschluss nicht befugt, seinem Mieter die Erlaubnis zu erteilen, auf die § 554 Abs. 1 BGB-E dem Mieter einen Anspruch gibt (vgl. auch Hübner, ZfIR 2020, 37, 42; Dötsch, ZMR 2019, 741, 746). Insbesondere ist unklar, ob in einem solchen Fall der Vermieter aus § 554 Abs. 1 BGB-E verpflichtet wäre, von der Gemeinschaft die Gestattung einer baulichen Veränderung gem. § 20 Abs. 2 WEG zu verlangen und gegebenenfalls Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 S. 2 WEG-E) zu erheben. Auch die Frage, ob der Mieter den damit verbundenen Kostenaufwand zu tragen hätte, ist noch nicht hinreichend geklärt (vgl. auch dazu Dötsch, a. a. O.). Vor diesem Hintergrund sollte § 554 BGB-E entsprechend an die Systematik des § 20 WEG-E angepasst werden. Die Begründung des Entwurfs, die dies im Rahmen der Abwägung nach § 554 Abs. 2 BGB-E flexibel gelöst zu sehen glaubt, überzeugt nicht, da für den Vermieter einer Eigentumswohnung erhebliche Rechtsunsicherheiten verbleiben. Eine klarere rechtliche Regelung wäre insoweit wünschenswert.

 

XVI. Übergangsvorschriften

 

Da das Verfahrensrecht im Bereich der Anfechtungsklage grundlegend umgestaltet wird und nach neuem Recht die WEG statt der übrigen Eigentümer zu verklagen ist und teils auch eine andere Zuständigkeit besteht (sachenrechtliches Grundverhältnis), sollte das Inkrafttreten der Verfahrensvorschriften (§§ 43 ff. WEG-E) in Zusammenhang mit einer – kurzen – Übergangsfrist erfolgen, um dem Rechtsanwender Klarheit zu ermöglichen, denn anderenfalls dürfte es eine Reihe nun unzulässiger Klagen geben.

Erwogen werden sollte auch, ob nicht für die Fälle, in denen bisher eine Beschlusskompetenz bestand, eine Übergangsvorschrift für Altbeschlüsse geschaffen wird. Dies betrifft neben den Beschlüssen über Vertretungen (§ 27 Abs. 3 S.3 WEG) eventuelle Fälle des § 21 Abs. 7 WEG und vor allem Beschlüsse nach § 10 Abs. 6 S. 3 Alt. 2 WEG (gekorene Ausübungsbefugnis). Hier sollte zumindest aus Gründen der Rechtssicherheit Klarheit geschaffen werden, und gegebenenfalls wie lange solche Beschlüsse nach Aufhebung der zugrundeliegenden Regelungen des bisherigen WEG weitergelten.