#18/19

Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG)

 

A. Tenor der Stellungnahme

Der Deutsche Richterbund begrüßt die beabsichtigte gesetzliche Fortentwicklung der Regelungen über das Pfändungsschutzkonto.

Die Schaffung des Pfändungsschutzkontos (im Folgenden: P-Kontos) hat sich bewährt. Sie hat zugleich eine erhebliche Entlastung für die Schuldner, aber auch für die Gerichte mit sich gebracht. Viele Schuldner sind mit dem P-Konto in die Lage versetzt worden, ohne Beeinträchtigungen am Geschäftsverkehr teilzunehmen. Insofern ist es richtig, dass der Gesetzgeber die Empfehlungen aus dem Schlussbericht der Evaluierung des Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 01.02.2016 zum Anlass nimmt, die Regelungen zum P-Konto fortzuentwickeln.

 

B. Bewertung im Einzelnen

Positiv gesehen werden die Regelungen für die Pfändung des Guthabens auf einem Gemeinschaftskonto und die Herstellung des Pfändungsschutzes in der Systematik des P-Kontos in § 850l ZPO-E.

Die gesetzliche Normierung des „First In-First Out“-Prinzips in § 899 Abs. 2 ZPO-E wird begrüßt.

Die Regelung des § 901 Abs. 2 ZPO-E wird kritisch gesehen. Durch die zu schließende Rückführungsvereinbarung erlangt ein Zahlungsinstitut als Gläubiger Zugriff auf Vermögenswerte, die ihm sonst – da unpfändbar – nicht zur Verfügung stehen. Insbesondere wenn ein abweichender Freibetrag nach § 906 Abs. 1 ZPO-E festgesetzt wurde, dürfte dem Schuldner die Rückführung wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten sein. Vielmehr erscheint es ausreichend, wenn das Zahlungsinstitut aufgrund seiner Aufrechnungsmöglichkeit vorab auf die Guthabenteile zugreifen kann, welche von einer Pfändung erfasst wären.

Soweit die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts in Abs. 1 hinsichtlich einer Auf- oder Verrechnung normiert wird, sollte das RPflG diesbezüglich um einen Richtervorbehalt ergänzt werden, da dieses Verfahren kontradiktorischer Natur ist.

Zu § 903 ZPO-E erscheint überlegenswert, die Aufzählung durch den Insolvenzverwalter und Treuhänder des Restschuldbefreiungsverfahrens zu ergänzen.

Die Einführung des § 904 ZPO-E wird begrüßt.

§ 906 Abs. 2 ZPO-E bedarf einer zusätzlichen Klarstellung: Sobald das Vollstreckungsgericht einen abweichenden Betrag nach dieser Vorschrift festgesetzt hat (z.B. auf der Grundlage des Beschlusses des BGH vom 10.11.2011 – VII ZB 64/10, die sogenannte Quellenfreigabe), betrachten vereinzelte Zahlungsinstitute die zuvor gültige Sockelbetragsbescheinigung als erloschen. Dies hat zur Folge, dass, sobald der Gerichtsbeschluss ins Leere geht, weil z.B. der Arbeitgeber gewechselt wird oder der Schuldner Krankengeld bezieht, an den Schuldner gar kein Geld mehr zur Auszahlung kommt, bis eine neue Sockelbetragsbescheinigung vorgelegt wird. Insofern ist eine Klarstellung zu treffen, dass dem Schuldner in jedem Fall, mindestens der Betrag nach § 902 ZPO-E i.V.m. § 899 Abs. 1 Satz 1 ZPO-E zu belassen ist, soweit dieser dem Zahlungsinstitut durch eine Bescheinigung gemäß § 903 ZPO-E nachgewiesen ist. Es steht dem Zahlungsinstitut frei, sodann zu entscheiden, ob die Anforderung einer aktuellen Bescheinigung im Wege des § 908 Abs. 5 ZPO-E für erforderlich erachtet wird. Insofern genügt es nicht, wenn lediglich die Entwurfsbegründung eine entsprechende Klarstellung enthält (vgl. Seite 61). Erforderlich ist vielmehr eine Regelung im Gesetzeswortlaut.

§ 906 Abs. 4 ZPO-E wird für entbehrlich erachtet, da die dortige Maßgabe im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung bereits im Rahmen der Zulässigkeitsvoraussetzung bei dem Rechtsschutzinteresse zu prüfen ist.

Die unter § 908 Abs. 2 ZPO-E normierten Mitteilungspflichten werden begrüßt, da diese Informationen den Schuldner eher in die Lage versetzen, einen eventuell nach § 906 ZPO-E erforderlichen Antrag zu begründen. Dem Schuldner sollte aber nicht die Möglichkeit (vgl. § 908 Abs. 8 S. 3 ZPO-E) eingeräumt werden, hierauf verzichten zu können. Es könnte die Gefahr bestehen, dass aufgrund der seitens der Zahlungsinstitute hierfür verlangten Entgelte ein Großteil der Schuldner einen entsprechenden Verzicht erklären würde.

Der Ergänzung von § 36 InsO hinsichtlich des anzufügenden Satzes bedarf es an sich nicht. Nicht von der Pfändung erfasstes Guthaben ist nach dem Grundsatz der Insolvenz nicht massezugehörig und unterliegt insoweit dem Zugriff eines Insolvenzverwalters. Aus dem Schlussbericht der Evaluierung hat sich jedoch ergeben, dass einige Zahlungsinstitute eine zusätzliche Freigabe durch den Insolvenzverwalter gefordert hätten. Insofern dürfte diese Regelung in der Praxis zu mehr Rechtssicherheit und damit zu einer Vereinfachung des Verfahrens führen. Dies könnte für die Aufnahme des Satzes in das Gesetz sprechen.