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Stellungnahme zur Initiative der Europäischen Kommission zur Ausweitung der Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft auf grenzüberschreitende terroristische Straftaten

A. Tenor der Stellungnahme

Der Deutsche Richterbund unterstützt die Stellungnahme des Generalbundesanwalts und der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte, mit der sie eine Erweiterung der Zuständigkeit der zukünftigen Europäischen Staatsanwaltschaft auf grenzüberschreitende terroristische Straftaten zum jetzigen Zeitpunkt entschieden ablehnen.

B. Bewertung im Einzelnen

Die Europäische Staatsanwaltschaft mit Sitz in Luxemburg (EuStA) wird ihre Arbeit frühestens Ende 2020 aufnehmen. Ihr Zuständigkeitsbereich wird auf Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union begrenzt sein. Die Europäische Kommission hat in ihrer Mitteilung vom 12.9.2018 (COM(2018) 641 final) zur „Ausweitung der Zuständigkeiten der Europäischen Staatsanwaltschaft auf grenzüberschreitende terroristische Straftaten“  bereits jetzt eine Erweiterung der Aufgaben dieser ersten staatsanwaltschaftlichen Behörde auf europäischer Ebene auch auf die Aufklärung und Verfolgung von grenzüberschreitenden terroristischen Straftaten gefordert.

Der Generalbundesanwalt und die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte der Länder haben auf ihrer Konferenz, die vom 6. bis zum 8. November 2018 in Karlsruhe stattgefunden hat, eine Stellungnahme zu dieser Initiative der Kommission beschlossen und unter anderem Folgendes ausgeführt:

„Die Zusammenarbeit der national zuständigen Staatsanwaltschaften wurde in den vergangenen Jahren erfolgreich intensiviert und die bestehenden Instrumente europäischer Zusammenarbeit (z.B. „Joint Investigation Teams“) zur Aufklärung und Verfolgung grenzüberschreitender terroristischer Straftaten intensiv genutzt. Die Nationalen Ansprechpartner Terrorismus bei Eurojust sind zu einem effizienten Netzwerk zusammengewachsen, das auch in Einzelverfahren den gemeinsamen Informationsaustausch wirksam, nachhaltig und erfolgreich unterstützt.

Die gegenwärtig gut funktionierende und immer enger vernetzte Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene würde nach Auffassung des Generalbundesanwalts sowie der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte durch eine voreilige Kompetenzverlagerung erheblich beeinträchtigt. Für eine Kompetenzverlagerung noch vor der Arbeitsaufnahme der EuStA besteht auch kein Bedarf. So kann beispielsweise das Ziel, den grenzüberschreitenden Datenaustausch weiter zu verbessern, auch mittels der bereits konkret in Aussicht genommenen Einrichtung eines Zentralregisters für Terrorismusverfahren bei Eurojust erreicht werden.“

Der Deutsche Richterbund schließt sich dieser Stellungnahme an und fordert die Bundesregierung auf, sich entschieden gegen eine entsprechende Kompetenzerweiterung der EuStA einzusetzen. Er fordert die Bundesregierung auf, die im Annex zur Mitteilung vom 12.9.2018 von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Änderung von Art. 86 Abs. 1 und 2 AEUV mit der darin enthaltenen Zuständigkeitserweiterung der EuStA zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitzutragen.

Die Aufklärung und Verfolgung terroristischer Straftaten erlaubt keine Experimente. Schneller und dichter Informationsaustausch sowie schnelles und effizientes Handeln der Strafverfolgungsbehörden sind erforderlich, um terroristische Straftaten aufzuklären und damit auch Anschläge zu verhindern. Eine noch im Aufbau befindliche Behörde, die auf die Verfolgung von Wirtschaftsstraftaten ausgerichtet ist und lange Entscheidungswege vorsieht, mit einer solchen Aufgabe zu betrauen, wäre unverantwortlich.

Allenfalls dann, wenn die EuStA Arbeitsweisen entwickelt hat, die eine schnelle und effektive Aufklärung und Verfolgung von Straftaten sicherstellen, kann aus Sicht des Richterbundes darüber nachgedacht werden, ob eine Erweiterung der Zuständigkeit der neuen Behörde sinnvoll ist und eine Verbesserung der Strafverfolgung erwarten lässt.