Stärke des Rechts oder Recht des Stärkeren?

München. In der bundesweiten Veranstaltungsreihe des Deutschen Richterbundes „Justiz im Dialog“ stellen sich die Landesverbände regelmäßig in verschiedenen deutschen Städten der öffentlichen Diskussion über aktuelle Themen der Justiz- und Rechtspolitik. In diesem Jahr fand die erste Veranstaltung dieser Art in München im Künstlerhaus am Lenbachplatz statt. Die völker- und europarechtlichen Implikationen des Angriffskriegs auf die Ukraine waren das Thema.

Der Krieg in der Ukraine wird auch als historische Zäsur bezeichnet. Zum ersten Mal seit langer Zeit sieht sich Europa wieder mit einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg konfrontiert. Auch werfen Berichte über gezielte Angriffe auf zivile Einrichtungen und ganze Wohngebiete zahlreiche völkerstrafrechtliche Fragen auf. Für die Veranstaltung in Bayern konnte Frau Prof. Dr. Stefanie Schmahl vom Lehrstuhl für deutsches und ausländisches öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht an der Universität Würzburg gewonnen werden.

Nach der Begrüßungsrede durch die Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins Barbara Stockinger, die ihrer Freude Ausdruck verlieh, dass endlich wieder eine Präsenzveranstaltung dieser Art durchgeführt werden konnte, die aber auch die Ernsthaftigkeit des Themas hervorhob, beleuchtete die Referentin den Verstoß Russlands gegen völkerrechtliche Grundlagen und widmete sich zugleich einer Analyse der ergriffenen völker- und europarechtlichen Gegenmaßnahmen.

Der bewaffnete Angriff Russlands auf die Ukraine stellt sich als eklatanter Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot dar, auf den der UN-Sicherheitsrat durch Einberufung einer Notstandssondersitzung der UN-Generalversammlung reagierte, in der die völkerrechtswidrige Aggression und die Verantwortung Russlands für die wachsende humanitäre Notlage festgestellt wurden. Weiterreichende Maßnahmen des UN-Sicherheitsrates scheiterten am Veto-Recht Russlands.

Der UN-Menschenrechtsrat, ein Nebenorgan der UN-Generalversammlung, beschloss die Einsetzung einer Kommission zur Ermittlung von Rechtsverletzungen im Rahmen des Ukraine-Krieges sowie die Suspendierung der Mitgliedschaft Russlands. Eine weitere Reaktion war der Ausschluss Russlands sowohl aus dem Europarat als auch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention. Hinzu kommen auf der Ebene der Europäischen Union die Verhängung von Wirtschafts- und Finanzsanktionen, die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine sowie das eingeleitete Beitrittsverfahren der Ukraine zur EU.

Frau Prof. Dr. Schmahl beleuchtete weiterhin die Waffenlieferungen an die Ukraine sowie die Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dem Internationalen Gerichtshof und das Ermittlungsverfahren durch die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshof. Es war ein interessanter Streifzug durch das Völkerrecht, der zum einen positiv stimmte, zum anderen aber auch die Schwachpunkte und Durchsetzungsdefizite der Regelungen deutlich aufzeigte. Von der Möglichkeit zu Nachfrage und Diskussion Im Anschluss an den Vortrag wurde rege Gebrauch gemacht.

 

 

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