Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb stärken

Düsseldorf. Wirtschaftsprozesse sollen künftig auch in englischer Sprache geführt werden können. NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) will damit die zunehmende Verlagerung von wichtigen und lukrativen Wirtschaftsprozessen ins Ausland stoppen.

Christian Friehoff, Vorsitzender des Bundes der Richter und Staatsanwälte in NRW, ist aufgeschlossen. Er sagte der Rheinischen Post: „Die Deutsche Gerichtsbarkeit hat hinsichtlich ihrer Qualität und Korruptionsfreiheit einen hervorragenden Ruf. Ein Abbau der Sprachbarriere kann also dazu beitragen, dass sich international agierende Unternehmen schon bei der Vertragsunterzeichnung auf einen Gerichtsstand in NRW statt im angelsächsischen Raum einigen.“ Für eine abschließende Beurteilung des Vorstoßes sei es jedoch noch zu früh.

Auch DRiZ-Autor Hermann Hoffmann sieht den Brexit als Anlass, die deutsche Justiz jetzt durch die Einführung von Kammern für internationale Handelssachen im Wettbewerb der Rechtsordnungen zu stärken.

Die deutsche Justiz befinde sich noch im Dornröschenschlaf, während Frankreich und die Niederlande in die Zukunft investierten und mit großem Aufwand internationale Handelsgerichte einrichteten, schrieb Roman Poseck, Präsident des OLG Frankfurt, in der FAZ Einspruch. Das sei eine Antwort auf den Brexit, der den sehr angesehenen Gerichtsstandort London voraussichtlich schwächen wird, weil dortige Entscheidungen nicht mehr ohne weiteres in der Europäischen Union vollstreckt werden könnten. Poseck geht auch auf das jüngst erschienene Buch des Berliner Rechtswissenschaftlers Gerhard Wagner mit dem Titel „Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb“ ein, das sich als Initialzündung für diese Diskussion erweisen könnte.

In Düsseldorf gibt es inzwischen eine Initiative für einen Commercial Court. Das Landgericht Frankfurt am Main hat zu Jahresbeginn bereits eine englischsprachige Kammer für Handelssachen eingerichtet. „Gerade nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU sehen wir eine Chance, Frankfurt als internationalen Gerichtsstandort zu etablieren“, hatte Gerichtspräsident Wilhelm Wolf gesagt. Unternehmen sollten die Möglichkeit erhalten, die Verhandlung auf Englisch zu führen.