Mehr Tempo bei Digitalisierung der Justiz

Bis zum Jahresende 2024 soll eine Bund-Länder-Reformkommission Vorschläge für den „Zivilprozess der Zukunft“ vorlegen. Der Richterbund hat sich in der Justiz umgehört, wie es um die Digitalisierung vor Ort steht und was noch fehlt.

Die Umfrage hat offensichtlich einen Nerv getroffen, denn es haben sich insgesamt 1286 Richter und Staatsanwälte aus 483 Gerichten und Staatsanwaltschaften beteiligt. Eines zieht sich wie ein roter Faden durch die Antworten: Der Umstieg auf den elektronischen Rechtsverkehr und die E-Akte wird voll befürwortet, niemand will zurück zur Papierakte. Die konkrete Umsetzung in den Gerichten und Behörden bewerten viele Praktiker aber als unbefriedigend – die Digitalisierung läuft noch zu schleppend. Es fehlen IT-Fachleute und die stark geforderten Geschäftsstellen sind vielfach zu dünn besetzt. Auch veraltete, fehleranfällige oder umständliche Softwarelösungen sowie chronisch überlastete Datennetze bremsen die Arbeit mitunter aus. Medienbrüche und schier endlose Scan-Schleifen kommen erschwerend hinzu. Derweil sind brauchbare KI-Werkzeuge, um Prozessstoff zum Beispiel in Massenverfahren schneller durchdringen zu können, für den Regelbetrieb in der Fläche noch nicht verfügbar.

In den Strafgerichten und Staatsanwaltschaften arbeiten bislang nur vereinzelt Kolleginnen und Kollegen in Pilotgerichten und -behörden mit der E-Akte. Nach den bisherigen Erfahrungen mit dem elektronischen Rechtsverkehr macht sich in der Strafjustiz allerdings Skepsis breit, dass ein reibungsloser Umstieg auf die E-Akte in Strafsachen rechtzeitig bis Anfang 2026 gelingt. Die Probleme zeichnen sich den Angaben zufolge sehr klar ab. Wegen zahlreicher Schnittstellen zu Polizeidienststellen, Finanzbehörden, Bezirkskrankenhäusern, anderen Justizbehörden und sonstigen Ämtern sei ein Chaos zumindest in der Anfangsphase zu befürchten. Bislang gebe es keine technische Verknüpfung mit den polizeilichen Systemen. Es sei abzusehen, dass ein Umstieg auf die führende E-Akte 2026 nicht ohne erheblichen Personalzuwachs bei Polizei und Justiz gelingen kann. Auch scheine die IT-Infrastruktur der Justiz nicht im Ansatz auf die zu erwartenden Datenmengen ausgerichtet zu sein.

Die Justiz setzt deshalb darauf, dass Bund und Länder das Digitalisierungstempo deutlich erhöhen. Es bräuchte Investitionen in Milliardenhöhe für Hardware und Software der neuesten Generation, für besser besetzte Geschäftsstellen und IT-Support, für den Netzausbau und smarte KI-Assistenz, wie es der E-Justice-Rat von Bund und Ländern vorgerechnet hat. Die 2023 beschlossene Bund-Länder-Digitalinitiative für die Justiz bleibt aber weit dahinter zurück.

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Bild von Matthias Schröter Matthias Schröter Pressesprecher
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