# 3/00

Stellungnahme zum White Paper über den Schutz der Menschenrechte und der Würde von Menschen, die an einer Geistesstörung leiden, insbesondere jener, welche als unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht sind

A. Allgemeines

Der Deutsche Richterbund begrüßt die Bemühungen des Arbeitskreises des "Steering Committee on Bioethics" zur Schaffung von Richtlinien zum Schutz der Menschenrechte und Menschenwürde im Bereich der Psychiatrie. Die Behandlung der Patienten, die an einer Geistesstörung leiden und unfreiwillig in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht sind (Unterbringung, Zwangsbehandlung, Einschränkung von Freiheitsrechten) findet auch heute noch - trotz zahlreicher gesetzlicher Bestimmungen - in vielen Bereichen in einer Grauzone statt; eine Rechtsurkunde liegt deshalb nicht nur im Interesse der Betroffenen, sondern hilft auch denjenigen, die die Unterbringung und Behandlung in psychiatrischen Einrichtungen zu veranlassen und durchzuführen haben. Wünschenswert ist allerdings, dass die Zusammensetzung des Arbeitskreises offengelegt wird, um zu erkennen, ob die Kenntnisse, Erfahrungen und Interessen aller betroffenen Sachbereiche durch eine ausgewogene Beteiligung unterschiedlicher Experten (Ärzte, Psychologen, Juristen, Sicherheitskräfte etc.) Berücksichtigung finden konnten.

B. Zu den einzelnen Problembereichen des Papiers

Der Anwendungsbereich der neuen Rechtsurkunde

Der notwendige Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde von Patienten in psychiatrischen Einrichtungen hängt grundsätzlich nicht davon ab, ob die Unterbringung oder die Behandlung aufgrund zivilrechtlicher Vorschriften (Betreuungsrecht), sicherheitsrechtlicher Bestimmungen (landesrechtliche Gesetze über Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten - Landesunterbringungsgesetze) oder nach strafrechtlichen Vorschriften erfolgt. Der DRB befürwortet deshalb den umfassenden Anwendungsbereich - auch in Strafsachen - der beabsichtigten Regelung.

Zu beachten ist indessen, dass die Anordnung und Beendigung von Unterbringungsmaßnahmen im Bereich des Strafrechts und des Unterbringungsrechts anderen Rechtsmaßstäben unterliegt, als diese für Betreuungsmaßnahmen erforderlich sind. Die Entscheidungskompetenz - etwa zur Beendigung der Unterbringung - kann im strafrechtlichen Maßregelvollzug nicht den behandelnden Ärzten zukommen.

Der Begriff der Geistesstörung

Nach Ansicht des Deutschen Richterbundes ist es weder erforderlich noch möglich, den Begriff "Geistesstörung" exakt - unter Auflistung bestimmter Krankheitsarten - zu definieren. Ausreichend ist eine offene Definition, die alle behandlungsbedürftigen Psychosen sowie andere behandlungsbedürftige psychische Störungen, geistige Behinderungen und Abhängigkeitserkrankungen erfasst.

Entscheidend für die unfreiwillige Unterbringung und Behandlung ist auch nicht die Art der psychischen Erkrankung sondern deren Auswirkung (der Grad der Selbst- und Fremdgefährdung). Ohne derartige Auswirkungen ist eine "unfreiwillige Behandlung und Unterbringung" stets abzulehnen.

Zu weitgehend ist der im White Paper diskutierte Begriff der "geistigen Unfähigkeit" (mental incapacity). Dieser Begriff könnte zu Missverständnissen führen (Unterbringung etwa zu Erziehungszwecken etc.).

Die Kriterien für die unfreiwillige Anhaltung in einer psychiatrischen Anstalt und für die unfreiwillige Behandlung

Die in diesem Kapitel diskutierten Fragen betreffen einen der wichtigsten Bereiche des gesamten White Paper. Die Problematik sollte noch wesentlich differenzierter erörtert werden, als dies den bisherigen Ausführungen zu entnehmen ist.

 

Zu den unter Ziffer 3 gestellten Fragen:

1. Eine Unterscheidung der Voraussetzungen für eine unfreiwillige Unterbringung einerseits und eine unfreiwillige Behandlung andererseits ist nicht nur "gerechtfertigt" sondern unerlässlich. Der Umfang und die Schwere der Eingriffe in die Freiheitsrechte des Betroffenen sind für die beiden Maßnahmen völlig unterschiedlich. In der zu schaffenden Rechtsurkunde muss dies sehr sorgfältig Berücksichtigung finden.

Zudem - auch dies ist im White Paper nicht ausreichend erörtert - ist eine Unterscheidung zwischen einwilligungsfähigen und einwilligungsunfähigen Menschen, die an einer Geistesstörung leiden, notwendig. Eine Zwangsbehandlung einwilligungsfähiger Patienten darf - selbst bei einer drohenden Selbst- und Fremdgefährdung - nur in Ausnahmefällen möglich sein. Auch dem psychisch Kranken muss - von Ausnahmefällen abgesehen - die "Freiheit zur Krankheit" belassen bleiben (vgl. Art. 14 Menschenrechtskonvention).

 

2. Die Gründe für die Festnahme eines Betroffenen zwecks Untersuchung müssen in jedem Fall in der Rechtsurkunde im Einzelnen normiert werden, um die Eingriffsschwelle hoch genug anzusetzen. Die zivilrechtliche Unterbringung eines Betroffenen in einer psychiatrischen Einrichtung sollte nur zulässig sein, wenn und solange von seinem Verhalten gegenwärtig eine erhebliche Selbstgefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

In diesem Zusammenhang ist auf Folgendes hinzuweisen:

· für die Unterbringung einer Person nach zivilrechtlichen Vorschriften in Fällen der Eigengefährdung sind die im White Paper genannten Voraussetzungen (b) zu akzeptieren;

· die unter b.ii.a. genannte Voraussetzung, dass die Anhaltung oder die Behandlung oder beides für die betroffene Person wahrscheinlich "vorteilhaft" sein muss, kann für die Fälle der Fremdgefährdung nicht gelten. Eine an einer Geistesstörung leidende Person, die andere Menschen ernstlich gefährdet, muss auch dann untergebracht werden können, wenn dies für den Psychischkranken nicht "vorteilhaft" ist. Eine Unterbringung muss bei Fremdgefährdung auch dann zulässig sein, wenn eine Behandlung in der Psychiatrie nicht möglich oder hartnäckig verweigert wird.

 

3. Der Grad der Gefährlichkeit (Eigen- und Fremdgefährdung) muss im Gesetz definiert werden. In diesem Zusammenhang sind unterschiedliche Voraussetzungen festzusetzen:

· für die Unterbringung und für die Zwangsbehandlung;

· für die Eigen- und Fremdgefährdung;

· für einwilligungsunfähige und für die einwilligungsfähige Personen.

Eine Unterbringung darf nicht stets mit einer Zwangsbehandlung einhergehen. Eine Zwangsbehandlung bei Eigengefährdung einwilligungsfähiger Personen darf nur in der akuten Phase bei erheblicher Gefahr (Selbsttötung, schwere Körperverletzung) erfolgen. Eine Zwangsbehandlung bei Fremdgefährdung durch einwilligungsfähige Personen setzt ebenfalls eine akute – allein durch die Unterbringung noch nicht abzuwehrende - Gefahr voraus.

Zum Zwecke der Definition des erforderlichen Grades der Gefährlichkeit ist der Begriff der "Gefahr" dem Begriff des "Risikos" vorzuziehen. Nur der Begriff der "Gefahr" ist - jedenfalls im deutschen Sprachgebrauch - mit einer konkreten Bedrohung verbunden.

 

4. In der zu schaffenden Rechtsurkunde sollten Alternativen zur zwangsweisen Unterbringung und zur Zwangsbehandlung ausdrücklich normiert werden, welche stets zur Verfügung stehen. Die Verteilung von Ressourcen muss sicherstellen, dass die mangelnde Verfügbarkeit anderer Maßnahmen nicht als Ausweichbegründung für die schwerwiegenden Eingriffe der Zwangsbehandlung und Unterbringung benutzt werden. Vor Eingriffen in die Freiheit gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - in geeigneten Fällen - Maßnahmen wie sie etwa in § 9 PsychKG-NRW vorgesehen sind (Einschaltung des sozial-psychiatrischen Dienstes, Aufforderung zur freiwilligen Behandlung etc.).

Da die Entziehung der Freiheit im strafrechtlichen Bereich anderen Kriterien unterliegt als im Zivilrecht, müssen für die Anordnung und die Beendigung solcher Unterbringungen auch andere Rechtsmaßstäbe gelten. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die strafrechtlichen freiheitsentziehenden Maßregeln (§§ 63 f., 66 StGB), die einstweilige Unterbringung (§ 126 a StPO) sowie die sicherheitsrechtliche Unterbringung nach landesrechtlichen Vorschriften. Unterschiedliche Voraussetzungen für die Zwangsbehandlung sind indessen nicht erforderlich.

Die Anordnung und/oder Aufrechterhaltung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ohne konkrete Aussicht auf einen Therapieerfolg, der maßgeblich von der Therapiewilligkeit des Untergebrachten abhängt, ist unzulässig (vgl. BVerfGE 91, 1 <27 ff. >).

 

IV. Das Verfahren zur Erlangung einer Entscheidung für die unfreiwillige Unterbringung und die unfreiwillige Behandlung

Ebenso wie die Verfasser des White Paper hält es auch der Deutsche Richterbund für erforderlich, dass der Betroffene nur von einem Psychiater oder einem Arzt untersucht werden soll, welcher über besondere Erfahrungen im Hinblick auf die Risiko-Beurteilung und Therapiemöglichkeiten von psychisch kranken Menschen verfügt. Über freiheitsentziehende Maßnahmen muss nach deutscher Rechtslage grundsätzlich ein Richter entscheiden (vgl. Art. 104 Abs. 2 GG). Nur hierdurch wird die notwendige Unabhängigkeit der Entscheidungsfindung - nach deutschem Recht – gewährleistet (vgl. auch Art. 5 Abs. 3 Menschenrechtskonvention).

 

Zu den in Zif. 4 aufgeworfenen Fragen:

1. Soweit - anders als nach deutschem Recht - die Bestätigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme nicht durch einen Richter erfolgen muss, ist auf jeden Fall die Unabhängigkeit des Gremiums zu gewährleisten. Auf keinen Fall darf die Entscheidung alleine durch einen Arzt, einen Sozialarbeiter oder einen Manager des Krankenhauses - wie im Papier erörtert - getroffen werden. Die notwendige medizinische Stellungnahme muss durch einen unabhängigen Gutachter, der nicht der behandelnde Arzt sein darf, erstellt werden.

2. Von jeder Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer der Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Betroffenen oder eine Person seines Vertrauens sowie sein gesetzlicher Vertreter zu benachrichtigen. Art und Umfang der Information sind an den tatsächlichen oder mutmaßlichen Interessen des Patienten auszurichten.

 

V. Das Verfahren für die unfreiwillige Anhaltung und Behandlung in Notfällen

Das Verfahren für die unfreiwillige Unterbringung und Behandlung in Notfällen muss so normiert werden, dass es nicht mit dem Ziel angewendet wird, dem normalen Verfahren auszuweichen oder die allgemeinen Voraussetzungen zu umgehen. Um dies sicher zu stellen, sollte die Rechtsurkunde geeignete Schutzmaßnahmen enthalten. Zu denken ist etwa an:

· eine umfassende Dokumentationspflicht der Notfallsituation;

· eine unverzügliche richterliche Entscheidung über die Notfallsituation bis zum Ablauf des nächsten Tages.

 

VI. Unfreiwillige Behandlung - spezifische Erwägungen

Eine unfreiwillige Behandlung darf - wenn alle sonstigen bisher erörterten Voraussetzungen vorliegen - nur bei einer medizinischen Indikation vorgenommen werden und keine sonstigen Ziele verfolgen. Die Formulierung unter Zif. 1: "Sie muss eher einem medizinischen Erfordernis als einem sozialen, familiären oder wirtschaftlichen Bedürfnis gerecht werden", macht dies nicht hinreichend deutlich. Eine Zwangsbehandlung darf zudem nur dann erfolgen, wenn das therapeutische Vorhaben nach dem anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft eine nachgewiesene Erfolgsaussicht bietet. Untersagt werden müssen Behandlungen allein aus Forschungszwecken oder zum Beweis für die Wirksamkeit einer bestimmten Methode. Auch dies wird unter Zif. 1 nicht hinreichend deutlich.

Falls eine Notsituation vorliegt und eine geeignete Zustimmung nicht erlangt werden kann, muss die Behandlung auf unaufschiebbare Maßnahmen beschränkt bleiben.

 

VII. Spezialbehandlungen

Zu diesem Problembereich kann der Deutsche Richterbund - mangels medizinischer Sachkenntnis - keine Stellungnahme abgeben. Hingewiesen wird allerdings auf die Prinzipien und Garantien zum Schutz psychisch kranker Personen der Vereinten Nationen vom 16.8.1988. Art. 12 Zif. 3 dieser Prinzipien lautet: "Psychochirurgie, Sterilisation und Kastration, Behandlungen, welche außergewöhnlich risikoreich sind, oder nicht rückgängig zu machende Folgen haben und Behandlungen, die derzeit nach internationalen medizinischen Standards noch nicht voll anerkannt sind, haben bei keinem Patienten zu erfolgen, es sei denn, mit seinem nach Aufklärung gegebenen Einverständnis und nach Überprüfung und Bestätigung der Behandlungsentscheidung durch eine gesetzlich vorgeschriebene unabhängige Fachautorität."

 

VIII. Die unfreiwillige Behandlung und Anhaltung von Minderjährigen

Die Ausführungen im White Paper zur unfreiwilligen Behandlung und Unterbringung von Minderjährigen werden vom Deutschen Richterbund begrüßt. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass für Minderjährige familiennahe Möglichkeiten der Unterbringung und Behandlung geschaffen werden sollten.

 

IX. Die Einbeziehung der Polizei, der Gerichte und des Gefängnissystems bei der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung

Gegen die unter Zif. 9 dargelegten Ausführungen zur Freiheitsentziehung psychisch Kranker erhebt der Deutsche Richterbund keine Einwände. Auch in diesem Bereich muss sichergestellt sein, dass Psychiater und geschulte Ärzte die psychische Störung behandeln. Die Notwendigkeit regelmäßiger Überprüfung, ob weitere Unterbringung und/oder Behandlung geboten ist – bei Fehlen eines Antrags von Amts wegen –, wird unterstrichen.

Auf folgende Punkte, die von der bisherigen Rechtslage abweichen, wird allerdings hingewiesen:

Ohne rechtskräftige strafgerichtliche Entscheidung ist bislang ein genereller Übergang von der Vollstreckung einer Strafe zur Vollstreckung einer Maßregel nicht möglich; auch wenn sich nachträglich eine psychische Erkrankung des Verurteilten herausstellt. Einen materiellen Anspruch auf die Einschaltung eines Sachverständigen hat der Betroffene nach bisheriger Rechtslage nicht. Die im White Paper erhobene Forderung, psychiatrische Einrichtungen in Justizvollzugsanstalten in separaten Gebäuden unterzubringen und nicht der Anstaltsleitung zu unterstellen, dürfte nur schwer zu verwirklichen sein.

 

X. Untersuchung von Personen, die an einer Geistesstörung leiden und als unfreiwillige Patienten in einer psychiatrischen Anstalt angehalten werden

Zu diesem Punkt wird keine Stellungnahme abgegeben. Die Menschenrechte von Personen, die an einer Geistesstörung leiden, insbesondere jene, welche als unfreiwillige Patienten angehalten werden Die allgemeinen Erwägungen zum Schutz der Menschenrechte im White Paper werden vom Deutschen Richterbund unterstützt. Der Arbeitskreis sollte des weiteren erörtern, inwieweit der in einem "Patiententestament" geäußerte Wille des Betroffenen Berücksichtigung finden kann. Im Rahmen der Unterbringung und Behandlung sollten weitergehende Zwangsmaßnahmen (Isolierung, Fixierung, Beschränkung des Aufenthaltes im Freien, sonstige physische Zwangsmaßnahmen etc.) nur angeordnet werden, bei einer gegenwärtigen erheblichen Selbstgefährdung oder einer gegenwärtigen erheblichen Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer, soweit und solange die Gefahr nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abgewendet werden kann. Derartige Maßnahmen bedürfen der ärztlichen Anordnung und Überwachung; sie sind zu befristen und sofort aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für die Anordnung entfallen. Bei Fixierung ist eine ständige Beobachtung sicherzustellen. Des weiteren müssen Anlass, Art, Umfang und Dauer der Maßnahmen dokumentiert und den Bevollmächtigten und gesetzlichen Vertretern des Betroffenen unverzüglich mitgeteilt werden. Handelt es sich bei der ärztlichen Maßnahme um einen dauernden Eingriff in die Fortpflanzungsfähigkeit der betroffenen Person (Sterilisation), sollte dieser nur unter äußerst engen Voraussetzungen zulässig sein. Die geeignete Maßstäbe hierfür könnten § 1905 BGB entnommen werden. In jedem Fall ist eine ärztliche Begutachtung zu fordern, die nicht von den behandelnden Ärzten vorgenommen werden darf. Das Recht auf Kommunikation (Schriftverkehr, Telefongespräche, Besuche) darf nur aus therapeutischen Gründen und zur Aufrechterhaltung gewisser Mindestregeln der Hausordnung eingeschränkt werden. Darüber hinaus ist eine Einschränkung nur zulässig, um eine erhebliche Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer zu vermeiden. Nur unter diesen Voraussetzungen dürfen der Schriftwechsel überwacht, Schreiben angehalten oder Telefongespräche überwacht werden. Um unverhältnismäßige - missbräuchliche - Einschränkungen des Rechts auf Kommunikation zu vermeiden, sind Schutzmaßnahmen für den Betroffenen erforderlich. So sollten die Absender von Schreiben an den Betroffenen, die zurückgehalten werden, unverzüglich unterrichtet werden. Die Verfahrensbevollmächtigten bzw. die gesetzlichen Vertreter sind zu informieren. Es muss eine Beschwerdemöglichkeit für den Betroffenen bestehen. Die Forderung im White Paper zur Schaffung von Maßnahmen, die das Ziel haben, die wirtschaftliche Situation von Patienten, welche an einer Geistesstörung leiden, zu garantieren und zu unterstützen (Sachwalterschaft oder andere geeignete Mittel) ist wichtig. Um eine Veruntreuung oder sonstige vermögensgefährdende Maßnahmen zu vermeiden, muss die Vermögensverwaltung der gerichtlichen Kontrolle unterliegen (wie im geltenden Betreuungsrecht). Die Diskriminierung von Personen, die an einer Geistesstörung leiden Über die im Papier erwähnten Maßnahmen hinaus sind zur Vermeidung einer Diskriminierung psychisch Kranker weitere Maßnahmen denkbar: Umfassende Aufklärung der Bevölkerung, Gleichstellung von somatischer Medizin und Psychiatrie, die Förderung beruflicher und gesellschaftlicher Integrationsmaßnahmen und die Unterstützung von Selbsthilfegruppen.

XIII. Die Beendigung der unfreiwilligen Anhaltung und Behandlung

Die Ausführungen zu diesem Punkt sind sachgerecht. Allerdings kann der für die Behandlung des Patienten verantwortliche Psychiater im Bereich der strafrechtlichen und sicherheitsrechtlichen Unterbringung nicht alleine festlegen, ob der Patient noch die Kriterien erfüllt. Im strafrechtlichen Bereich muss selbstverständlich das Gericht die letztverantwortliche Entscheidung treffen.

XIV. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der unfreiwilligen Unterbringung und Behandlung

1. Es entspricht bereits der deutschen Rechtslage, die Voraussetzungen der Unterbringung von Amts wegen in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.

2. Die regelmäßige Beiordnung eines Rechtsbeistandes ist aufgrund der Schwere der Eingriffe sachgerecht. Dies ist zwar im geltenden Betreuungsrecht nicht vorgesehen. In der Praxis wird indessen gemäß § 70 b FGG in einer Vielzahl von Fällen ein Verfahrenspfleger bestellt, weil dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist.

3. Für die Forderung, den behandelnden Arzt des Patienten von Amts wegen über das Verfahren zu informieren und ihm ein selbständiges Recht auf Verfahrensteilnahme einzuräumen, besteht keine Notwendigkeit. Es ist ausreichend, die Information des behandelnden Arztes dem Patienten oder seinem Verfahrenspfleger zu überlassen. Darüber hinaus kann der behandelnde Arzt gemäß § 70 c Satz 5 i. V. m. § 68 Abs. 4 Satz 2 FGG - als vom Patienten benannte Vertrauensperson - angehört oder zur Anhörung zugezogen werden. Eine verpflichtende Verfahrensteilnahme ist somit weder erforderlich noch angebracht.

4. Es ist absolut notwendig, dass das Gericht vollständige Kenntnisse über die tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten besitzt, um alle Entscheidungen zu überprüfen, welche im Rahmen einer unfreiwilligen Unterbringung oder Behandlung getroffen werden.

5. Ein Recht für Laien, am Verfahren vor dem Gericht teilzunehmen, ist nicht erforderlich. Der Betroffene, seine Angehörigen und Bevollmächtigten sind ohnehin beteiligt; dies ist zur Verfahrenssicherung völlig ausreichend. Im Übrigen werden im Rahmen der Überprüfung zahlreiche sensible persönliche Daten offengelegt, die sonstigen Personen nicht zugänglich gemacht werden sollten.

6. Gegen die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der unfreiwilligen Unterbringung und Behandlung sollte ein gerichtsförmiges Rechtsmittel (Beschwerde) zulässig sein (vgl. Art. 13 MRK).

XV. Die Schaffung und Überwachung von Qualitätsstandards bei der Durchführung der Gesetze im Bereich der geistigen Gesundheit

1. Die Normierung von Qualitätsstandards für die Unterbringung psychisch Kranker ist erforderlich. Neben den bereits im Papier erwähnten notwendigen Bedingungen für eine menschenwürdige Unterbringung sollten auch Möglichkeiten der Wahrung der Privatsphäre geschaffen, eine Bewegungsfreiheit im Freien ermöglicht (frische Luft) und der Datenschutz beachtet werden.

2. Zur Überwachung von Qualitätsstandards der psychiatrischen Einrichtungen könnten Besuchskommissionen - mit sachkundigen Vertretern - eingerichtet werden, die in regelmäßigen Abständen - unangemeldet - die psychiatrischen Einrichtungen besuchen, in denen die Betroffenen untergebracht und behandelt werden. Es sollte den Patienten ermöglicht werden, mit den Besuchskommissionen zu reden sowie Wünsche und Beschwerden vorzutragen.

Auch die Schaffung eines Psychatrie-Beauftragten (Ombudsmann), an den sich ein Betroffener jederzeit wenden kann, sollte erwogen werden.