# 27/04

Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Entwurf eines Gesetzes über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz - JKomG)

November 2004

Der Deutsche Richterbund (DRB) verweist zunächst auf seine Stellungnahme zum Diskussionsentwurf eines Gesetzes über die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs bei den Gerichten vom Januar 2003.

Der DRB unterstützt nach wie vor jeden sinnvollen Fortschritt auf dem Sektor einer Modernisierung der Justiz mittels elektronischer Medien. Daher begrüßt der DRB die Vorlage des JKomG durch das Bundesministerium der Justiz als einen weiteren Schritt vom elektronischen Rechtsverkehr hin zur Nutzbarmachung der Elektronik auch im Bereich der Aktenführung und damit der Schaffung einer modernen, mit aktuellen Arbeitsmethoden und Techniken ausgestatteten Justiz.

 

Im Einzelnen:

 

1. Weitergehend als im Entwurf vorgesehen sollte die Möglichkeit der elektronischen Aktenführung auch im Strafverfahren geschaffen werden. Schon heute werden weite Teile der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen elektronisch gespeichert. Auch die Anwaltschaft bedient sich nahezu ausschließlich dieses Mediums. Im Bereich der Kleinkriminalität ist es denkbar, von der Anzeige eines Ladendiebstahls im Kaufhaus bis zum Strafbefehl ausschließlich elektronisch vorzugehen. Diese Möglichkeiten sollten genutzt werden, möglicherweise zunächst in Form von Modellversuchen.

 

2. Die Erfahrungen verschiedener Gerichte, in denen der elektronische Rechtsverkehr bereits eingeführt ist, machen deutlich, dass die qualifizierte digitale Signatur eine für die Nutzer offenbar zu hohe Hürde aufbaut. Nachdem das Schriftlichkeitsgebot nach der Rechtsprechung auch dann erfüllt ist, wenn eine Klage mittels eines Telegramms erhoben wird, erscheint es nicht zwangsläufig, im Falle einer elektronischen Einlegung einer Klage zur Absicherung der Authentizität eine qualifizierte, digitale Signatur gesetzlich vorzusehen. Insoweit hält es der DRB auch für zutreffend, dass das JKomG nunmehr - anders als zuvor der Diskussionsentwurf - die qualifizierte elektronische Signatur nur noch dann vorschreibt, wenn eine handschriftliche Unterzeichnung gesetzlich geboten ist. Dies halten wir im Hinblick auf die elektronische Unterzeichnung von Urteilen und Beschlüssen seitens der Richterinnen und Richter für eine zutreffende Lösung, im Falle der Klageinreichung sollte im Hinblick auf die Akzeptanz durch die Anwender nochmals geprüft werden, ob die Zeichnung mittels qualifizierter elektronischer Signatur erforderlich ist.

Sofern die qualifizierte digitale Signatur beibehalten werden soll, muss die Akzeptanz der Bürger durch eine breite Anwendungsmöglichkeit auch außerhalb der Justiz (z.B. durch Jobkarte, Gesundheitskarte oder EC-Karten, jeweils mit qualifizierter elektronischer Signatur) gesteigert werden.

Daneben ist daran zu denken, Anreize im Kostenrecht für die Verwendung elektronischer Medien zu schaffen.

 

3. Schließlich heben wir nochmals hervor, dass bei der Umsetzung in den Bundesländern

- die erforderlichen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte beachtet werden

 

- die Richter und Staatsanwälte vor Einführung der neuen Arbeitsmethoden eingehend informiert und geschult werden

 

- Lösungen für diejenigen gefunden werden, die mit dem neuen Medium aus Alters- oder sonstigen Gründen nicht umzugehen in der Lage sind

 

- Softwarelösungen für die Organisation des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akten gefunden werden, die

 

- eine einfache Nutzung ermöglichen

 

- die erforderliche Sicherheit des Datenverkehrs garantieren

 

- für jeden Bürger einen einfachen und kostengünstigen Zugang

 

zu den Gerichten bieten.

 

4. Abschließend weisen wir erneut darauf hin, dass für einen langen Übergangszeitraum keine Einsparungen, sondern Mehrkosten bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften zu erwarten sind, weil vornehmlich auf den Geschäftsstellen Doppelarbeit mit Papier- und elektronischer Akte nicht vermeidbar ist. Erst wenn es gelingt, die Mehrzahl der Nutzer zur elektronischen Kommunikation mit der Justiz zu veranlassen, werden sich Einspareffekte ergeben.

 

gez. Dr. Jan Grotheer

Mitglied des DRB-Präsidiums