# 24/04

Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Referentenentwurf zur Änderung des Vereinsrechts

November 2004

Zu dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vereinsrechts nimmt der Deutsche Richterbund wie folgt Stellung:

Auch nach der Einschätzung des Deutschen Richterbundes haben die Bestimmungen über wirtschaftliche Vereine und ausländische Vereine tatsächlich keine praktische Bedeutung mehr. Die Fälle der Anwendung dürften nie sehr zahlreich gewesen sein, gehen aber in der heutigen Rechtswirklichkeit seit Jahren gegen Null. Es ist daher angemessen, diese Regelungen aufzuheben, zumal die vorgesehenen Bestimmungen zur anderweitigen Regelung der Sachverhalte bei wirtschaftlicher Betätigung mindestens gleichwertig sind.

Es ist auch mit zehn Jahren nach Art. 229 § 11 EGBGB des Entwurfs eine ausreichende Übergangsfrist für Vereine mit wirtschaftlicher Betätigung gesetzt.

Zu begrüßen ist, dass eine gesetzliche Definition der zulässigen wirtschaftlichen Betätigung eines (nach geltendem Recht) nicht wirtschaftlichen Vereins in die neuen Bestimmungen aufgenommen wird. Diese ist auch angemessen gefasst und gibt ausreichenden Spielraum für eventuelle wirtschaftliche Betätigung zu guten Zwecken. Wesentlich muss hier dann sein, und bei der Auslegung berücksichtigt werden, dass nicht der wirtschaftliche Betätigungsbereich den ideellen Bereich derart überlagert, dass letzterer nicht mehr den Charakter des Vereins bestimmt.

Hinsichtlich der nunmehr in § 43 Abs. 1 und 2 BGB des Entwurfs vorgesehenen Möglichkeit, Vereine bei unzulässiger wirtschaftlicher Betätigung oder bei Gefährdung des Gemeinwohls zu verbieten, ist festzuhalten, dass darin eine deutlich stärkere Eingriffsmöglichkeit zu sehen ist, als sie bisher die Entziehung der Rechtsfähigkeit einräumte. Diese Aufgabe soll nach der vorgeschlagenen Neuregelung den Amtsgerichten, nicht mehr den höheren Verwaltungsbehörden zugewiesen werden. Dies erscheint bedenklich.

Einerseits ist die Frage zu stellen, ob eine solche Aufgabenzuweisung - noch dazu gemäß § 15 Rechtspflegergesetz des Entwurfs an den Richter - in einer Zeit angemessen ist, in der allgemein die Justiz zur "Aufgabenkritik" und zur Aussonderung aller nicht der eigentlichen Rechtspflege dienenden Aufgaben aufgerufen wird. Es handelt sich hier nicht um eine Aufgabe der Rechtspflege im engeren Sinn, wie auch die Einordnung in das FGG zeigt. Zur Sicherung der Rechtsweggarantie würden auch die allgemeine Anfechtungsmöglichkeiten ausreichen.

Soll es aber bei der jetzt vorgesehenen Regelung bleiben, so sollte man damit rechnen, dass angesichts der erheblichen Verschärfung des Eingriffs mit einer durchaus spürbaren Zahl von Fällen gerechnet werden muss, deren Bearbeitung jeweils mit erheblichem Aufwand verbunden sein wird. Im Rahmen des Verfahrens nach dem FGG besteht für das Gericht schließlich Amtsermittlungsmaxime und muss folglich eine mögliche Gefährdung des Gemeinwohls oder auch der Umfang wirtschaftlicher Tätigkeit im Einzelnen aufgeklärt werden. Auch hier sei noch einmal darauf hingewiesen, dass eine Verwaltungsbehörde für eine solche Aufklärungsarbeit durchaus besser geeignet sein könnte. Die Gerichte sind für diese Aufgabe von ihrer Konzeption weniger gut geeignet, denn sie verfügen nicht über eigene Ermittlungsmittel und Personal. Angesichts der ständigen Kürzungen bei Personal und Sachausstattung werden sie nicht in Lage sein, die damit verbundene erhebliche Mehrarbeit zu erbringen.

Die Einräumung der Prozessfähigkeit auch für nichtrechtsfähige Vereine in § 50 Abs. 2 ZPO des Entwurfs dürfte der allgemeinen Tendenz entsprechen, die Prozessfähigkeit nicht mehr an eine formale Rechtspersönlichkeit zu knüpfen, wie etwa auch bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Für Vereine besteht hier aber auch ein reales Bedürfnis, so dass dieser Bestimmung nicht widersprochen werden soll. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass auch hieraus mit einem gewissen Anstieg der Belastung zu rechnen ist, denn es werden jetzt vereinsrechtliche Streitigkeiten etwa über Ausschlüsse von Mitgliedern, Entlastung und Abberufung von Vorständen, Wirksamkeit von Wahlen auch aus dem Bereich der nichtrechtsfähigen Vereine vermehrt an die Gerichts herangetragen werden. Diese Verfahren sind wegen des starken persönlichen, oft emotionalen Engagements der Beteiligten in der Regel sehr aufwändig.

 

gez. Brigitte Kamphausen, stv. Vorsitzende des DRB