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Stellungnahme zu dem Referentenentwurf eines Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (Stand 23.1.2003) (Bezug: Schr. v. 24.1.2003, Az.: 7034/12)

Februar 2003

Zu dem Entwurf einer Neufassung des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb nimmt der Deutsche Richterbund wie folgt Stellung:

Grundsätzlich begrüßt der Deutsche Richterbund die Anpassung des Gesetzes an die - nicht zuletzt aufgrund des Einflusses der europäischen Rechtsvorstellungen - geänderten Vorstellungen über die Anforderungen an die Lauterkeit des Wettbewerbs einerseits und die erforderliche Freiheit für den Anbieter und den Verbraucher andererseits. Als gelungen ist dabei anzusehen, dass in die neue Fassung des Gesetzes auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung verschiedene Beispielfälle aufgenommen worden sind, so etwa in § 4 für verschiedene Beispiele unlauteren Wettbewerbs, in § 5 zu irreführender und in § 6 zu vergleichender Werbung. Dadurch wird das Gesetz anschaulicher und damit für die Betroffenen wie auch für die es anwendenden Juristen klarer. Es ist auch mit § 3 eine gleichwohl geltende Generalklausel vorgesehen. Dies ist wesentlich, um auch den weiter zu erwartenden Änderungen in der Verkehrsanschauung zu Lauterkeit von Werbung Rechnung tragen zu können.

Der Anpassung an die europäischen Gepflogenheiten entspricht die Aufnahme verschiedener Definitionen. Diese entsprechen inhaltlich der bisherigen Rechtsprechung und sind gut für die weitere Arbeit in dem Rechtsgebiet geeignet. Als "Verbraucher" im Sinn von § 2 Ziffer 4 sollten ggf. noch Gruppen natürlicher Personen mit nicht wirtschaftlicher Zielsetzung aufgenommen werden, wie kleinere nicht rechtsfähige Vereine und vergleichbare Zusammenschlüsse , die aufgrund der Art der an ihnen beteiligten Personen und ihrer geringen wirtschaftlichen Stärke ebenfalls als Verbraucher angesehen werden könnten.

Bei dem Katalog der beispielhaft aufgeführten Formen unlauteren Wettbewerbs soll noch im Besonderen auf die verschiedenen Arten aufgedrängter Werbung durch unerbetene Anrufe und Faxe eingegangen werden. Die Aufnahme dieser Kategorie ist sehr zu begrüßen, da diese Form der Werbung nach den Erfahrungen der Praxis ständig zunimmt. Auch wird damit eine Anforderung der EU-Richtlinie 2002/58/EG erfüllt.

Allerdings muss festgehalten werden, dass die Durchsetzung des Anspruchs nur schwer möglich sein wird. Es wäre zu begrüßen, wenn - ggf. in korrespondierenden anderen gesetzlichen Regelungen, aber bevorzugt im UWG selbst - Ansprüche gegen denjenigen auf Benennung des Namens und der Anschrift des Absenders geltend gemacht werden könnten, der die unerbetene Werbung technisch übermittelt, wie beispielsweise die Telekom AG für Telefaxe, oder der jeweilige Provider für Internet-Werbung. Ohne solche Möglichkeiten wird der an sich beabsichtigte Schutz weitgehend ins Leere gehen. Dabei wird durchaus gesehen, dass dadurch nicht beteiligte Dritte einbezogen werden, denen ohne eigenen Verursachungsanteil Pflichten auferlegt werden. Jedoch erscheint dies im Interesse der sehr zu begrüßenden Regelungen über die Unzulässigkeit unerwünschter und unbestellter Werbung per Telefon, Telefax und E-Mail zumindest wünschenswert und wohl auch angemessen, da diese Dritten von der Inanspruchnahme durch den Werbenden profitieren.

In diesem Zusammenhang sollen als weiterer Aspekt die unter dem Gedanken des Verbraucherschutzes eingeführten Informationspflichten des Anbieters angesprochen werden. Diese Entwicklung steht, wenn sie neben den nationalen Zielsetzungen ihren Ursprung auch im Bereich der EU hat (Grünbuch Verbraucherschutz), in gewisser Weise im Gegensatz zu dem in den vergangenen Jahren auf der Basis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes entwickelten Bildes vom aufgeklärten und mündigen Verbraucher. Dies mag seine Ursache unter anderem darin haben, dass die unterschiedlichen Zielsetzungen des Verbraucherschutzes einerseits und der zunehmenden Freiheit des Binnenhandels und Wettbewerbs andererseits innerhalb der EU auch durchaus in Konflikt miteinander stehen und die Zielsetzungen, die von verschiedenen Kommissionen und Institutionen der EU verfolgt werden, nicht immer aufeinander abgestimmt sind (vgl. dazu vor allem auch Gameriht, WRP 2003, S. 143 ff.) Im Rahmen des deutschen UWG sollten nach unserer Ansicht auch die Freiheit des Wettbewerbs und die Belange der Handeltreibenden Berücksichtigung finden. Die Informationspflichten sollten daher nicht überbetont werden, denn der Verbraucher ist nach den Erfahrungen der Praxis durchaus in der Lage, bei fragwürdigen Angeboten das gebührende Misstrauen zu entwickeln. Hinzu kommt, dass viele der nach der Begründung zu dem Gesetzesentwurf geforderten Informationen rein tatsächlich schwer zu prüfen sein werden. Dies kann sich zu einer Belastung der Gerichte ausweiten, die nicht gewollt sein sollte.

Den derzeitigen Vorstellungen gelockerten Wettbewerbs entspricht die Neuregelung des Rechts der Sonderverkäufe. In diesem Zusammenhang wird im Hinblick auf die Handhabbarkeit der neuen Regelungen insbesondere die Beweislastregel in § 5 Abs. 4 des Entwurfs begrüßt. Diese wird die entsprechende gesetzliche Bestimmung erst kontrollierbar machen.

Es ist kontrovers diskutiert worden, inwieweit die weitgehende Freigabe von Räumungsverkäufen angemessen ist. Insoweit wäre zu begrüßen, wenn der Gesetzgeber den Begriff des Räumungsverkaufs definieren würde. Es erscheint doch ein Räumungsverkauf im engeren Sinn nicht vorzuliegen, wenn derselbe Betreiber im nahen räumlichen Umkreis mehrere gleiche Geschäfte führt, wie dies bei manchen Filialisten oft in derselben Stadt und sogar derselben Einkaufszone einer Stadt vorkommt. Dieser Betreiber kann die Waren, die er in dem aufzugebenden Geschäftslokal noch vorrätig hat, ohne weiteres in den anderen Geschäftslokalen vermarkten. Er verschwindet ferner in dem fraglichen Bereich auch nicht wirklich vom Markt. Dann liegt begrifflich ein Räumungsverkauf, wie er bisher verstanden wurde und nach § 5 Abs. 6 des Entwurfs auch weiterhin verstanden werden soll, nicht vor.

Die ebenfalls neu geschaffene Möglichkeit für Verbände und Kammern in § 9 des Entwurfs, bei einem vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstoß mit systematischer Schädigung einer Vielzahl von Abnehmern eine "Gewinnabschöpfung" vorzunehmen und den entsprechenden Marktteilnehmer darauf in Anspruch zu nehmen, ist dem Grunde nach zu begrüßen. Es wird wohl eine bessere Abschreckung darstellen, wenn eine unlautere Werbung unter Umständen auch dazu führt, dass man den dadurch erzielten Gewinn nicht behalten darf.

Es ist gleichwohl abzusehen, dass sich hier erhebliche Aufklärungsprobleme stellen werden. Dabei ist auch die Verweisung in der Begründung zum Gesetzesentwurf auf eine Schätzung nach § 287 ZPO nicht hilfreich. Auch eine Schätzung kann nur auf der Grundlage von Tatsachen erfolgen und wird voraussetzen, dass diese zunächst ermittelt werden. Dabei sind gerade Aspekte wie etwa der üblicherweise zu erzielende Gewinn nach den Erfahrungen der Praxis besonders schwierig aufzuklären; die entsprechenden Beweisaufnahmen dauern lange und verursachen erhebliche Kosten, da sie nur durch die Einholung von Sachverständigengutachten oder Umfragen der Industrie- und Handelskammern eingeholt werden können. Durch das Klagerecht der Kammern werden diese ggf. vielfach als Ansprechpartner ausfallen. Möglicherweise wäre - bei noch strengerer Fassung der Anspruchsvoraussetzungen - eine Beweislastumkehr hilfreich.

 

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