#4/2024

Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Eckpunktepapier des BMJ für eine Reform des Abstammungsrechts

 

A. Tenor der Stellungnahme

 

Der DRB begrüßt, dass der Gesetzgeber die überfällige Abstammungsrechtsreform voranbringt. Das Eckpunktepapier greift Empfehlungen des wissenschaftlichen Arbeitskreises aus 2017 auf und enthält viele sinnvolle Anpassungen, die insbesondere durch die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe notwendig wurden.

Durch eine differenziertere Regelung zum Schutz einer bestehenden sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Elternteil wird den Familiengerichten die zusätzliche Aufgabe zukommen, das Interesse am Fortbestand der bisherigen Elternschaft mit dem Anfechtungsinteresse abzuwägen. Entlastet werden die Beteiligten und die Familiengerichte hingegen durch die Ausweitung der Möglichkeit, außergerichtliche Vereinbarungen zur Elternschaft zu treffen.

 

B. Bewertung im Einzelnen

 

Dass neben der Frau, die ein Kind geboren hat, auch ihre Ehefrau Elternteil wird, scheint verfassungsrechtlichen Anforderungen zu entsprechen (vgl. KG Berlin B. v. 24.03.2021 – 3 UF 1122/20 und OLG Celle B. v. 24.3.2021 – 21 UF 146/20); eine Übergangsregelung dazu für Geburten nach der Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist ebenso sinnvoll.

Vereinbarungen dazu, wer neben der Mutter Elternteil wird, können außergerichtlich Klarheit schaffen und entwickeln die derzeit bereits mögliche Anerkennung der Vaterschaft weiter. Unterbleiben Vereinbarungen, erscheint es sinnvoll, die Anerkennung der Vaterschaft während eines Feststellungsverfahrens durch eine andere Person auszuschließen, wenn nicht die Anerkennung nachweislich durch den biologischen Vater erfolgt.

Eine differenziertere Lösung zum Schutz einer bestehenden sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Elternteil vor Anfechtung durch eine andere Person erscheint verfassungsrechtlichen Anforderungen besser zu entsprechen (vgl. BVerfG 1 BvR 2017/21). Dabei wird den Familiengerichten die zusätzliche Aufgabe zukommen, das Interesse am Fortbestand der bisherigen Elternschaft mit dem Anfechtungsinteresse abzuwägen.

Zu Recht von Anfechtungsverfahren entlastet würden die Beteiligten und die Familiengerichte durch die Ausweitung der sog. Dreierklärung (§ 1599 Abs. 2 BGB) auf Situationen außerhalb eines Scheidungsverfahrens. Sind Mutter, rechtlicher Vater und genetischer Vater einig, dass nicht der Ehemann der Mutter der Vater des Kindes sein soll, kann dies unproblematisch beim Jugendamt oder Standesamt beurkundet werden, unabhängig davon, ob das Kind nach Zustellung des Scheidungsantrages oder davor zur Welt kommt.

Problematisch könnte sein, dass wenn lediglich durch einvernehmliche Erklärung der Eheleute das Nichtbestehen der Vater- oder Mutterschaft bewirkt werden kann, das Kind dann nur einen Elternteil hat.

Maßnahmen zur Stärkung des Rechts des Kindes auf Kenntnis seiner leiblichen Abstammung sind zu begrüßen. § 1598a BGB ermöglicht bereits de lege late eine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der genetischen Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung. Das geplante Feststellungsverfahren soll nun auch den mutmaßlichen genetischen Elternteil umfassen.