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Stellungnahme zur Neuordnung der postuniversitären Juristenausbildung

 

I. Referendarausbildung

1. Einheitliche Ausbildung

An der einheitlichen gemeinsamen Ausbildung aller Rechtsreferendare wird festgehalten. Diese gewährleistet die gleichwertige Ausbildung der einzelnen Berufssparten, das Vertrautwerden mit der Denk- und Arbeitsweise der wichtigsten juristischen Berufszweige und damit eine weitgehende Flexibilität im späteren Beruf.

 

2. Dauer und Ausbildungsgang

Die Referendarausbildung hat eine Dauer von 20 Monaten, wobei die Zeiten der einzelnen Ausbildungsabschnitte annähernd gleich sein sollen. Dies trägt der Gleichwertigkeit der verschiedenen Berufssparten Rechnung. In einer Wahlstage soll der Rechtsreferendar die Möglichkeit haben, individuelle Berufswünsche zu überprüfen. Die Entscheidung, die Wahlstage im europäischen Ausland zu absolvieren, ist zu fördern. Die Stationen der Ausbildung gliedern sich wie folgt: ein Monat zentraler Lehrgang Zivilprozeß/Relationstechnik ohne Ausbildung am Arbeitsplatz, vier Monate Zivilrichter, drei Monate Strafrichter oder Staatsanwalt oder Strafverteidiger, vier Monate Verwaltungsbehörde, vier Monate Rechtsanwalt, vier Monate Wahlfach, an deren Anfang die Examensklausuren geschrieben werden.

 

3. Arbeitsgemeinschaften

In begleitenden Arbeitsgemeinschaften werden verstärkt Unterrichtsinhalte wie Verhandlungsführung, Streitschlichtung, Rhetorik, Arbeitsorganisation etc. geübt. Während der Anwaltsstage werden die Arbeitsgemeinschaften von Rechtsanwälten geleitet.

 

4. Status

Die Frage des Status des Rechtsreferendars (Beamter auf Widerruf oder öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis) wird als zweitrangig angesehen. In jedem Fall ist der Referendar jedoch angemessen zu alimentieren und disziplinarrechtlich so zu stellen wie heute als Beamter auf Widerruf.

 

5. Abschlußprüfung

Die zweite juristische Abschlußprüfung bleibt Staatsexamen, deren Organisation und Durchführung den Landesprüfungsämtern obliegt. Das Examen weist die Befähigung aus, jeden juristischen Beruf auszuüben. An den Prüfungen sind die juristischen Berufsgruppen angemessen zu beteiligen.

 

II. Postassessorale Ausbildung

1. Berufsfeldbezogene Vorbereitung

Für Richter/Staatsanwälte und Rechtsanwälte, die nicht mindestens eine zweijährige juristische Berufspraxis (keine wissenschaftliche Assistententätigkeit!) nachweisen können, wird eine spezielle berufsfeldbezogene Ausbildung vorgeschrieben. Bei den Notaren verbleibt es bei der derzeitigen gesetzlichen Regelung mit der Maßgabe, daß Zugangsvoraussetzung das Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung ist.

 

2. Richter/Staatsanwälte

Berufsanfänger werden in die Justiz zunächst für ein Jahr als "Richterassistenten" eingestellt. In dieser Zeit werden sie unter Anleitung eines berufserfahrenen Richters/Staatsanwalts auf ihr voraussichtliches späteres Tätigkeitsfeld vorbereitet. Das Assistentenjahr gliedert sich in zwei bis drei Ausbildungsabschnitte, in denen der "Richterassistent" jeweils mit verschiedenen Arbeitsgebieten intensiv vertraut gemacht wird. Dabei entfallen höchstens vier Monate auf ein Berufungsgericht oder die Staatsanwaltschaft. Berufsbegleitend haben die "Richterassistenten" speziell für sie angebotene Fortbildungsblockveranstaltungen, die bundeseinheitlich an der Richterakademie durchgeführt werden, zu besuchen. Das Richterassistentenjahr endet mit einem Zeugnis. Der "Richterassistent" ist Beamter. Die Assistentenzeit wird auf die richterliche Probezeit angerechnet.

 

3. Rechtsanwälte

Das bestandene zweite juristische Staatsexamen befähigt zwar zur Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, jedoch ist es einem Berufsanfänger, der nicht mindestens eine zweijährige juristische Berufspraxis nachweisen kann, nicht erlaubt, sich als Rechtsanwalt selbständig zu machen. Er muß ein bis zwei Jahre - die Bestimmung der Dauer bleibt dem Landesgesetzgeber vorbehalten - als Angestellter in einer Rechtsanwaltskanzlei tätig sein. In dieser Zeit ist er auch mit Fragen der Büroorganisation vertraut zu machen. Der Rechtsanwalt in postassessoraler Ausbildung hat die Fortbildungsveranstaltungen, die die jeweilige Kammer für Berufsanfänger als Pflichtveranstaltungen vorsieht, zu besuchen. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts in postassessoraler Ausbildung ist angemessen durch den Arbeitgeber zu vergüten. Dies bezieht sich auch auf die Zeit des Besuchs der Fortbildungspflichtveranstaltungen. Die Gebühren für die Fortbildungsveranstaltungen hat jedoch der auszubildende Rechtsanwalt zu tragen.