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Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Diskussionsentwurf eines Pfändungsschutz-Fortentwicklungsgesetz

 

Der Deutsche Richterbund begrüßt die beabsichtigte gesetzliche Fortentwicklung der Regelungen über das Pfändungsschutzkonto. Die Schaffung des Pfändungsschutzkontos (im Folgenden: P-Kontos) hat sich bewährt. Sie hat zugleich eine erhebliche Entlastung für die Schuldner, aber auch für die Gerichte mit sich gebracht. Viele Schuldner sind mit dem P-Konto in die Lage versetzt worden, ohne Beeinträchtigungen am Geschäftsverkehr teilzunehmen. Insofern ist es richtig, dass der Gesetzgeber die Empfehlungen aus dem Schlussbericht der Evaluierung des Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 01.02.2016 zum Anlass nimmt, die Regelungen zum P-Konto fortzuentwickeln.

Zu einzelnen Regelungen ist Folgendes zu bemerken:

Positiv gesehen werden die Regelungen für die Pfändung des Guthabens auf einem Gemeinschaftskonto und die Herstellung des Pfändungsschutzes in der Systematik des P-Kontos in § 850k Abs. 3 ZPO-E.

Soweit in § 850l Abs. 2 ZPO-E von Ausfertigungen der gerichtlichen Beschlüsse die Rede ist, wird zu bedenken gegeben, dass Drittschuldnern in der Regel nur beglaubigte Abschriften der gerichtlichen Entscheidungen zugestellt werden.

Die Klarstellung des § 850m Abs. 2 ZPO-E wird unterstützt.

Insoweit wäre jedoch eine noch weitergehende Klarstellung erforderlich, ob und in welchem Umfang sich Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde z.B. nach § 906 ZPO-E lediglich auf von der Behörde veranlasste Pfändungen oder auch auf Pfändungen, welche durch das Gericht veranlasst wurden, auswirken. Hierbei sollte zwingend vermieden werden, dass der Schuldner mehrere Stellen mit seinem Erhöhungsbegehren anlaufen muss und dass er zudem Gefahr läuft, dass unterschiedliche Entscheidungen ergehen.

Dies könnte etwa dadurch vermieden werden, dass die Entscheidung des Gerichts oder einer Vollstreckungsbehörde auf sämtliche Pfändungen wirkt, sofern bei diesen Pfändungen nicht bereits ein abweichender Freibetrag nach § 906 ZPO bestimmt wurde. Allerdings müsste den an sich am Verfahren nicht beteiligten Gläubigern rechtliches Gehör gewährt werden, da sich die Entscheidung auch nachteilhaft für sie auswirken könnte.

Die gesetzliche Normierung des „First In-First Out“-Prinzips in § 899 Abs. 2 ZPO-E wird begrüßt.

Die Regelung des § 901 Abs. 1 ZPO-E wird kritisch gesehen. Durch die zu schließende Rückführungsvereinbarung erlangt ein Zahlungsinstitut als Gläubiger Zugriff auf Vermögenswerte, die ihm sonst – da unpfändbar – nicht zur Verfügung stehen. Insbesondere wenn ein abweichender Freibetrag nach § 906 Abs. 1 ZPO-E festgesetzt wurde, dürfte dem Schuldner die Rückführung wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten zu sein. Vielmehr erscheint es ausreichend, wenn das Zahlungsinstitut aufgrund seiner Aufrechnungsmöglichkeit vorab auf die Guthabenteile zugreifen kann, welche von einer Pfändung erfasst wären.

Soweit die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts in Abs. 1 hinsichtlich einer Auf- oder Verrechnung normiert wird, sollte das RPflG diesbezüglich um einen Richtervorbehalt ergänzt werden, da dieses Verfahren kontradiktorischer Natur ist.

Zu § 903 ZPO-E erscheint überlegenswert, die Aufzählung durch den Insolvenzverwalter und Treuhänder des Restschuldbefreiungsverfahrens zu ergänzen.

Die Einführung des § 904 ZPO-E wird begrüßt.

Hinsichtlich des § 906 Abs. 1 ZPO-E wird angeregt, diesen nach „§ 850d“ um „oder § 850f Abs. 2 ZPO“ zu ergänzen.

Abs. 4 wird für entbehrlich erachtet, da die dortige Maßgabe im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung bereits im Rahmen der Zulässigkeitsvoraussetzung bei dem Rechtsschutzinteresse zu prüfen ist.

§ 906 Abs. 2 ZPO-E bedarf einer zusätzlichen Klarstellung: Sobald das Vollstreckungsgericht einen abweichenden Betrag nach dieser Vorschrift festgesetzt hat (z.B. auf der Grundlage des Beschlusses des BGH vom 10.11.2011 – VII ZB 64/10, die sogenannte Quellenfreigabe), betrachten vereinzelte Zahlungsinstitute die zuvor gültige Sockelbetragsbescheinigung als erloschen. Dies hat zur Folge, dass, sobald der Gerichtsbeschluss ins Leere geht, weil z.B. der Arbeitgeber gewechselt wird oder der Schuldner Krankengeld bezieht, an den Schuldner gar kein Geld mehr zur Auszahlung kommt, bis eine neue Sockelbetragsbescheinigung vorgelegt wird. Insofern ist eine Klarstellung zu treffen, dass dem Schuldner in jedem Fall, mindestens der Betrag nach § 902 ZPO-E i.V.m. § 899 Abs. 1 Satz 1 ZPO-E zu belassen ist, soweit dieser dem Zahlungsinstitut durch eine Bescheinigung gemäß § 903 ZPO-E nachgewiesen ist. Es steht dem Zahlungsinstitut frei, sodann zu entscheiden, ob die Anforderung einer aktuellen Bescheinigung im Wege des § 908 Abs. 5 ZPO-E für erforderlich erachtet wird.

Die unter § 908 Abs. 2 ZPO-E normierten Mitteilungspflichten werden begrüßt, da diese Informationen den Schuldner eher in die Lage versetzen, einen eventuell nach § 906 ZPO-E erforderlichen Antrag zu begründen. Dem Schuldner sollte aber nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, hierauf verzichten zu können. Es könnte die Gefahr bestehen, dass aufgrund der seitens der Zahlungsinstitute hierfür verlangten Entgelte ein Großteil der Schuldner einen entsprechenden Verzicht erklären würde.

Der Ergänzung von § 36 InsO hinsichtlich des anzufügenden Satzes bedarf es an sich nicht. Nicht von der Pfändung erfasstes Guthaben ist nach dem Grundsatz der Insolvenz nicht massezugehörig und unterliegt insoweit dem Zugriff eines Insolvenzverwalters. Aus dem Schlussbericht der Evaluierung hat sich jedoch ergeben, dass einige Zahlungsinstitute eine zusätzliche Freigabe durch den Insolvenzverwalter gefordert hätten. Insofern dürfte diese Regelung in der Praxis zu mehr Rechtssicherheit und damit zu einer Vereinfachung des Verfahrens führen. Dies könnte für die Aufnahme des Satzes in das Gesetz sprechen.