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Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung

März 2011

Mit dem Regierungsentwurf (Stand: 12.01.2011) ist der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zum Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung fortgeschrieben worden. Zu dem Referentenentwurf hat der DRB bereits Stellung genommen (vgl. Stellungnahme 35/2010). Soweit den dort gegebenen Anregungen und der Kritik durch den Regierungsentwurf nicht entsprochen worden ist, bleiben diese aufrecht erhalten.

Der DRB begrüßt die gesetzliche Regelung der gerichtsinternen Mediation in dem geplanten Mediationsgesetz und in der ZPO. Zu kritisieren ist jedoch, dass die gerichtsinterne Mediation gegenüber der heute bereits üblichen Form gestutzt werden soll. Diese unnötige Beschränkung der gerichtsinternen Mediation führt zu einem vermehrten zeitlichen und bürokratischen Aufwand, um einen vollstreckbaren Vergleich zu erhalten. Dies stellt eine Verschlechterung für den Rechtsschutz suchenden Bürger und die Wirtschaft sowie eine Schwächung der Rechtsordnung in Deutschland gegenüber anderen europäischen Rechtsordnungen dar.

Zu den einzelnen Regelungen:

1. Art. 1 § 5 (MediationsG):
Nach dieser Vorschrift stellt der Mediator in eigener Verantwortung sicher, dass er über die erforderlichen theoretischen Erkenntnisse und praktische Erfahrung verfügt, um die Aufgabe des Mediators erfüllen zu können. Wie der Referentenentwurf sieht auch dieser Entwurf davon ab, die konkreten Anforderungen an eine Aus- und Fortbildung des Mediators zu formulieren. Der DRB begrüßt es jedoch ausdrücklich, dass die Mediatoren neben einer theoretischen Ausbildung auch über praktische Erfahrungen verfügen müssen, die durch Co-Mediationen und durch eine Hospitation bei bereits erfahrenen Mediatoren erworben werden können. Denn nur eine zu den theoretischen Kenntnissen hinzutretende praktische Erfahrung kann den Mediator dazu befähigen, den Parteien eine erfolgreiche Hilfestellung zur Lösung ihres Konfliktes zu geben.

2. Art. 1 § 7 (MediationsG):
Nach dieser Regelung ist eine gerichtsinterne Mediation in den ersten 12 Monaten nach der Verkündung des Gesetzes möglich, auch wenn die Bundesländer noch keine Regelung i.S.v. § 15 GVG darüber getroffen haben, ob in ihrem Bundesland eine gerichtsinterne Mediation angeboten wird. Die Vorschrift verhindert ein praktisches Verbot für den Fall, dass das Gesetz in Kraft tritt, die Bundesländer aber noch keine Rechtsverordnung nach § 15 GVG erlassen haben. Eine solche Regelung ist ausdrücklich zu begrüßen.

3. Art. 3 § 41 Nr. 7 ZPO:
§ 41 ZPO ist mit einer Nr. 7 dahingehend ergänzt worden, dass ein Richter von Verfahren ausgeschlossen ist, in denen er zuvor an einem Mediationsverfahren oder an einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat. Auch diese Vorschrift ist uneingeschränkt zu begrüßen.

4. Art. 3 § 278a ZPO:
In diesem Punkt enthält der Regierungsentwurf gegenüber dem Referentenentwurf eine entscheidende und für die gerichtsinterne Mediation sehr nachteilige Änderung. Nach dem Referentenentwurf konnte der Mediator - sofern sich die Parteien in einer gerichtsinternen Mediationsverhandlung geeinigt hatten - als ersuchter Richter den gefundenen Vergleich sogleich protokollieren. Damit wurde sofort für die Parteien ein vollstreckbarer Titel geschaffen. Weitere Beschlüsse, etwa des streitentscheidenden Richters, waren dafür nicht mehr erforderlich. Auf Initiative einiger Berufsverbände wird der gerichtsinternen Mediation diese Möglichkeit einer Protokollierung eines dadurch vollstreckbaren Vergleichs genommen. Hintergrund ist, dass die als Mediatoren tätigen Richter nicht mehr Befugnisse haben sollen als die außergerichtlichen und gerichtsnahen Mediatoren (siehe dazu auch die Pressemitteilung des BMJ vom 12.01.2011 Seite 3). Verbunden ist damit wohl die Hoffnung, dass durch eine Schwächung der gerichtsinternen Mediation die außergerichtliche und die gerichtsnahe Mediation einen größeren Zulauf erfahren werden.

Diese Beschneidung der gerichtsinternen Mediation ist abzulehnen. Es ist nicht mal im Ansatz belegt, dass durch eine Einschränkung der gerichtsinternen Mediation die außergerichtliche Mediation gefördert werden würde. Die außergerichtliche Mediation weist eigene in sich selbst gründende Nachteile - z.B. die hohe Kostenbelastung der Parteien durch das Mediationshonorar - auf, die nicht dadurch ausgeglichen werden, dass eine andere Form der Konfliktlösung geschwächt wird. Vielmehr hat die gerichtsinterne Mediation dazu beigetragen, dass diese Art der Konfliktlösung in Deutschland erst bekannt wurde. Die gerichtsinterne Mediation ist schnell, effektiv, kostengünstig und nachhaltig und stößt deshalb bei Bürgern und Rechtsanwälten auf große Zustimmung. Künftig kann ein Mediator zwar materiell-rechtlich einen in der Mediation gefundenen Vergleich protokollieren. Aus diesem kann aber noch nicht vollstreckt werden. Der Vergleich muss entweder durch den streitentscheidenden Richter nach § 278 ZPO festgestellt werden oder in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren nach § 796d ZPO für vollstreckbar erklärt werden. Dabei ist zum Zeitpunkt des Abschlusses des (materiell-rechtlichen) Vergleiches in der gerichtsinternen Mediation unklar, ob dieser Vergleich überhaupt nach § 796d ZPO für vollstreckbar erklärt werden kann. Denn nach § 796d Abs. 2 ZPO ist vor Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung der Gegner zu hören. Auch kann das Gericht den Parteien zur Behebung von Vollstreckungshindernissen eine Frist setzen. Letztlich ergeht die Vollstreckbarkeitserklärung durch Beschluss, der begründet werden muss. Es liegt auf der Hand, dass dieses Verfahren im Vergleich zu der bisherigen Handhabung in der gerichtsinternen Mediation weitaus komplizierter ist. Aber auch der in der Gesetzesbegründung aufgezeigte Weg über § 278 ZPO ist nicht geeignet, die Protokollierung des Vergleiches in der gerichtsinternen Mediation zu ersetzen. Die Parteien sehen es in der Mediation gerade als großen Vorteil an, dass mit dem Vergleichsabschluss die "Angelegenheit" endgültig für sie erledigt ist. Es sind keine Vorteile ersichtlich, dass der Vergleich nach Abschluss der gerichtsinternen Mediation gleichsam noch einige Tage "in der Luft schwebt". Die Beschneidung der gerichtsinternen Mediation hat auch Auswirkungen auf die Initiative „law made in Germany". Es spricht nicht für die Anwendung deutschen Rechts, wenn Gerichtsverfahren, die durch eine gerichtsinterne Mediation zügig zum Abschluss gebracht werden könnten, ohne Grund und nur auf Druck von Lobbygruppen ohne Grund verlängert werden.

5. Keine gerichtsinterne Mediation bei den Finanzgerichten:
Die Herausnahme der Finanzgerichtsbarkeit aus dem Anwendungbereich der gerichtsinternen Mediation ist nicht zwingend. Im Hinblick auf die dort laufenden Modelle der gerichtsinternen Mediation sollte es der Finanzgerichtsbarkeit überlassen werden, ob sie die gerichtsinterne Mediation anbietet.

gez. Oliver Sporré, Mitglied des DRB-Präsidiums