# 22/12

Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen (Stand: 30.05.2012)

Juli 2012

Der Deutsche Richterbund (DRB) bedankt sich für die Übersendung des Diskussionsentwurfs eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen (Stand: 30. Mai 2012) und nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Der DRB unterstützt die Intention des Gesetzentwurfs (GE), den Einsatz elektronischer Informations- und Kommunikationstechnologie auch im Bereich des Strafverfahrens zu ermöglichen. Der Fokus sollte dabei vor allem auf die Nutzung der Vorteile für die Verfahrensführung und die funktionsgerechte Unterstützung der täglichen Arbeit der Anwender in den Gerichten und Staatsanwaltschaften gerichtet werden.

Gegen die vorgesehenen Regelungen bestehen aus unserer Sicht keine durchgreifenden sachlichen Bedenken; wir möchten allerdings auf folgende Punkte besonders hinweisen:

1. Die flächendeckende Umstellung des Strafverfahrens auf elektronische Aktenführung ist ein ambitioniertes Vorhaben, das nur durch vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten, insbesondere der richterlichen und staatsanwaltlichen Nutzer, aber auch aller übrigen Mitarbeiter der Justiz erreicht werden kann.

a) Der Erfolg des Projekts wird wesentlich davon abhängen, dass die IT-Ausstattung für die tägliche Arbeit der Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie der übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz am persönlichen Arbeitsplatz einen ganz konkreten und greifbaren Nutzen bringt. Eine Schlüsselvoraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung ist daher, dass das in der Einführung elektronischer Informations- und Kommunikationstechnologie liegende Potential für eine funktionsgerechte Unterstützung der speziellen Arbeitsweise der Justiz und für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen möglichst weitgehend ausgeschöpft wird. Hierzu gehört etwa auch, bei der Entwicklung von E-Akten und der Weiterentwicklung der Fachanwendungen vollständige Verfahrensabläufe zugrunde zu legen (d. h. von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens etwa bei der Polizei bis zur Revisionsinstanz und der Strafvollstreckung). Entstünden bei der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft oder im gerichtlichen Instanzenzug Medienbrüche, würde dies die praktische Arbeit stark behindern und dadurch das Projekt der Umstellung auf E-Aktenführung insgesamt in Frage stellen. Dies wird insbesondere bei der Durchführung von Pilotprojekten zu berücksichtigen sein. Stärker als bislang sollten die Erfahrungen und Bedürfnisse der praktischen Anwender - insbesondere der im Umgang mit Computern nicht so versierten - in die Entwicklung einer ergonomischen Soft- und Hardware einbezogen werden.

b) Stünden – aus der Perspektive des einzelnen Anwenders innerhalb der Justiz – eher Nachteile im Vordergrund, fehlte eine wesentliche Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der E-Aktenführung in der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis. Neben der möglichst reibungslosen Abwicklung des technischen Umstellungsprozesses wird es daher in besonderem Maße auch Aufgabe der Verantwortlichen sein, Vertrauen bei allen Beteiligten zu schaffen.

c) Die in der Begründung des Gesetzentwurfs enthaltene Kostenkalkulation erscheint im Hinblick auf den zu erwartenden Investitionsbedarf unzureichend und muss ? soll das Projekt nicht insgesamt in Frage gestellt werden ? überarbeitet werden. Die in der Justiz der Bundesländer eingesetzten Fachanwendungen werden von den richterlichen und staatsanwaltlichen Nutzern derzeit nicht uneingeschränkt als Erleichterung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen wahrgenommen; dies betrifft teilweise die Funktionalität der Anwendungen und hierbei auch die Arbeitsgeschwindigkeit im Vergleich zur handschriftlichen Bearbeitung der Papierakten. Bei der weiteren Verbesserung der Fachanwendungen und der Konzeption von E-Akten wird daher auf Funktionalität und Ergonomie der Programme und der genutzten Hardware ein besonderes Augenmerk zu richten sein.

Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Bearbeitung von E-Akten ausschließlich an Arbeitsplatzrechnern (wovon offenbar die Kostenprognose auf S. 20 der Begründung ausgeht) nicht akzeptabel ist. Das langfristige Lesen an normalen Monitoren führt nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen zu einer Ermüdung der Augen und abnehmender Konzentrationsfähigkeit. Zwingende Voraussetzung für die Nutzung einer E-Akte ist daher ein speziell für das Lesen geeigneter Monitor, wie er etwa in hochwertigen Tablet-PCs oder E-Book-Lesegeräten verwendet wird. Ohnehin wird die Anschaffung von portablen PCs für den Eildienst, die Durchführung von Sitzungen und Ortsterminen und nicht zuletzt auch für die Arbeit am häuslichen Arbeitsplatz und unterwegs erforderlich sein.

Mit der derzeit an den Arbeitsplätzen der Richter und Staatsanwälte sowie der übrigen Mitarbeiter der Justiz vorhandenen Hardware-Ausstattung kann eine effektive Arbeit mit E-Akten daher nicht sichergestellt werden. Um die Arbeit an der E-Akte in die Arbeitsabläufe integrieren zu können, wird nicht nur eine Modernisierung der vorhandenen Hardware (z. B. mit größeren Arbeitsspeichern) notwendig sein, sondern auch die zusätzliche Anschaffung von (Zweit-) Bildschirmen und Tablet-PCs. Darüber hinaus werden auch Online-Zugriffsmöglichkeiten auf die bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften geführten Fachanwendungen und E-Akten notwendig sein (wie dies in der Verwaltung und der gewerblichen Wirtschaft bereits üblich ist). Weitere Investitionen werden notwendig werden für die Ausstattung der Sitzungssäle, von Leseplätzen bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten sowie zur Ermöglichung von Akteneinsicht und für Besprechungen mit Verteidigern innerhalb der Justizvollzugsanstalten (wo die Nutzung eigener Computern auch für Untersuchungsgefangene in der Regel nicht erlaubt wird). Schließlich wird auch die Ausrüstung aller Mitarbeiter mit Signaturkarten und Eingabegeräten finanziell zu Buche schlagen.

d) In diesem Zusammenhang sollte auch das Potential in den Blick genommen werden, das die Einführung der elektronischen Aktenbearbeitung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und insgesamt für die Unterstützung einer eigenverantwortlichen und flexiblen Gestaltung von Arbeitsweise und Arbeitsumfeld hat. Wichtig sind hier insbesondere die Portabilität der Akten und der externe Zugriff auf die bei Gericht oder der Staatsanwaltschaft geführten Fachanwendungen und E-Akten, um die Arbeit am häuslichen Arbeitsplatz oder unterwegs zu unterstützen.

e) Infolge der Einführung der elektronischen Aktenführung werden bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften Mehraufwendungen aber nicht nur bei der Ausstattung mit technischen Geräten entstehen, sondern – zumindest in der Umstellungsphase – vor allem auch beim Personal. Eine effektive und nachhaltige Umstellung des gerichtlichen „Workflows“ auf elektronische Informations- und Kommunikationstechnologie setzt eine Verstärkung der IT- und Organisationsabteilungen voraus. Die Umstellung ist nicht nur eine technische Maßnahme, sondern in erster Linie eine komplexe Organisationsaufgabe, die von der Justizverwaltung auch als solche erkannt werden muss.

Wesentliche Aufgabe wird aber nicht nur die technische Betreuung der Hard- und Software, sondern auch die Schulung der Richter und Staatsanwälte sowie der übrigen betroffenen Mitarbeiter in der Justiz sein. Schulung ist hier nicht nur als einmalige Einweisung in den Arbeitsplatz zu verstehen, sondern – zumindest mittelfristig – als dauerhafte Betreuung und Begleitung der Anwender. Die Erfahrungen im Bereich der Notare aber auch bei der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in anderen Ländern – etwa in Österreich – haben gezeigt, dass nur umfangreiche und fundierte Schulungen und insbesondere eine spontan abrufbare Betreuung der Anwender an deren individuellem Arbeitsplatz einen reibungslosen Übergang zur neuen technischen Ausstattung überhaupt erst möglich machen.

Ob die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen innerhalb der im vorliegenden GE auf fünf bis maximal acht Jahre bemessenen Zeitspanne geschaffen werden können, erscheint zweifelhaft und muss sich in der Praxis erst noch erweisen.

2. Für das Funktionieren einer elektronischen Strafakte ist die Interoperabilität der Systeme aller Stellen, die Informationen in die Akte einspeisen und aus dieser beziehen, unabdingbar; anders als in anderen Verfahrensordnungen werden Strafverfahren von der Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten über die Grenzen der Bundesländer hinweg geführt; es versteht sich von selbst, dass die elektronische Aktenführung nur dann sinnvoll ist, wenn keine Brüche innerhalb der Ermittlungs- und Justizbehörden auftreten können und der sichere Akten- und Datentransfer gewährleistet ist. Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Struktur der E-Akten (auch im Rahmen von Pilotprojekten) müssen daher vollständige Verfahrensabläufe sein, über die Grenzen der Bundesländer hinweg, von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bis zur Revisionsinstanz.

a) Es ist daher grundsätzlich sinnvoll, auf bundesweit einheitliche Standards zurückzugreifen. In Bezug auf die bundeseinheitliche Festlegung von Standards für die Aktenübermittlung nach § 32 Abs. 2 StPO-E weisen wir darauf hin, dass der IT-Planungsrat nach Art. 91c GG ein Gremium ist, das nach seinen rechtlichen Grundlagen und nach seiner Zusammensetzung die Vereinheitlichung der IT-Infrastruktur der Verwaltung betrifft. Zur Festlegung einheitlicher Standards für Akten der Justiz als Dritter Staatsgewalt dürfte daher zumindest die Einbeziehung der Justizverwaltungen angezeigt sein. Wir verweisen insoweit auf den nach Beschluss der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister vom 13./14.06.2012 geplanten E-Justice-Rat hin und regen an, diesen bei der Festlegung bundeseinheitlicher Standards zumindest zu beteiligen.

b) Der im Entwurf für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2019 vorgesehenen „Opt-out“-Möglichkeit sollte die Aufstellung eines realistischen Entwicklungs- und Zeitplans für die Einführung der E-Akte nach Erlass des Gesetzesbeschlusses und die Durchführung einer belastbaren Simulation der Einführungsphase auf der Grundlage von – bereits jetzt zuzulassenden – Pilotprojekten vorgezogen werden. Denn eine Aktenführung auf der Grundlage unterschiedlicher Standards in einzelnen Bundesländern (oder gar bei einzelnen Gerichten- oder Staatsanwaltschaften) dürfte gerade im Strafverfahren zu einem immensen – sowohl zeit- als auch kostenintensiven – Mehraufwand infolge der dann entstehenden Medienbrüche und Inkompatibilitäten führen. So könnte es etwa notwendig werden, eine zunächst elektronisch angelegte Akte für die Weiterbearbeitung durch eine andere Stelle (z. B. das erstinstanzliche Gericht) auszudrucken, um sie dann (z. B. im Rechtsmittelverfahren) wieder einzuscannen.

3. Zu § 32a StPO-E gehen wir davon aus, dass die Bearbeitung von anony-men Anzeigen, die per E-Mail eingehen, nicht ausgeschlossen werden soll und regen an, dies im Wortlaut der Vorschrift klarzustellen.

4. Die in § 32b Abs. 1 StPO-E formulierte Grundregel, dass grundsätzlich alle „Ausgangsdokumente“ einzuscannen sind, ist zu begrüßen. Anders dürfte ein reibungsloses Arbeiten mit einer (führenden) elektronischen Akte nicht möglich sein. Die Ausnahmevorschrift in § 32b Abs. 1 StPO-E a.E., nach der von der Übertragung abgesehen werden kann, wenn diese einen "unverhältnismäßigen technischen Aufwand" erfordert, dürfte indes zu unbestimmt sein. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass hierunter nach der Begründung bereits Dokumente mit einem größeren Format als DIN A 3 fallen sollen und auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sein sollen. Die Zugehörigkeit eines Papier-Originaldokuments zur E-Akte sollte die absolute Ausnahme bleiben. Wir regen hier eine Klarstellung zumindest in der Begründung an.

5. Die Notwendigkeit der in § 32b Abs. 3 und 4 StPO-E – nach dem Wortlaut über per qualifiziert elektronischer Signatur eingegangene Dokumente hinaus – vorgesehenen Transfervermerke erschließt sich aus unserer Sicht nicht. Es ist insbesondere unklar, welche (zusätzliche?) Prüfung der Integrität und Authentizität in Bezug auf nicht qualifiziert elektronisch signierte Dokumente gemeint ist. Wir weisen insoweit auf die abweichende Regelung in § 298 Abs. 3 ZPO-E aus dem Diskussionsentwurf des BMJ eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs bei den Gerichten (Stand: 05.06.2012) hin.

6. Die Aufbewahrung der übertragenen Ausgangsdokumente bis zum Abschluss des Verfahrens nach § 32b Abs. 5 StPO-E ist im Hinblick auf die strengen Beweisanforderungen des Strafprozesses sachgerecht. Hierfür werden allerdings entsprechende finanzielle Mittel aufgewendet werden müssen, insbesondere für geeignete Aufbewahrungssysteme, mit denen die eingescannten Originale so geordnet aufbewahrt werden können, dass auf sie jederzeit zurückgegriffen und die Aussonderung der zu bestimmten Verfahren gehörenden Dokumente sichergestellt werden kann.

7. Wir weisen darauf hin, dass E-Akten - wie Erfahrungen mit Strafverfahren aus dem Bereich der Betriebsspionage gezeigt haben – anfällig für externe Manipulationen sind, die oft nur schwer nachvollzogen werden können. Nach allen Erfahrungen ? auch in der Wirtschaft ? lassen sich unberechtigte Zugriffe auf elektronisch gespeicherte Daten nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen. Bei den weiteren Planungen sollte daher ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung geeigneter Maßnahmen zur Entdeckung und Behebung solcher Manipulationen gelegt werden. Die hierfür entstehenden Kosten müssen in die Gesamtkalkulation einbezogen werden. Vor allem für den Bereich des Wirtschaftsstrafrechts und für Strafverfahren, in denen mit Verschlusssachen gearbeitet wird, werden kostenintensive Schutzvorkehrungen notwendig sein.

8. In diesem Zusammenhang sollte auch die praktische Umsetzbarkeit der Regelung in § 32d Abs. 3 StPO-E überdacht werden. Das Anliegen der Vorschrift, den Weg von im Rahmen der Akteneinsicht angefertigten Kopien nachvollziehen zu können und der Verletzung von Geheimhaltungspflichten Sicherheitsvorkehrungen entgegen zu setzen, ist zu unterstützen und entspricht der derzeitigen Praxis bei der Papieraktenführung. Es dürfte derzeit technisch aber nicht möglich sein, sowohl Integrität und Authentizität der E-Akte (auch im Rahmen der Akteneinsicht) zu gewährleisten und gleichzeitig zum Zweck der Akteneinsicht durch einzelne Verfahrensbeteiligte jeweils ein individuelles elektronisches Wasserzeichen einzufügen. Wir bitten hierzu um nähere Darlegungen in der Begründung.

Im Übrigen sollte der Wortlaut des § 32d Abs. 3 Satz 1 StPO-E klarer gefasst werden: Dass Unbefugte infolge der Akteneinsicht durch Berechtigte Kenntnis vom Akteninhalt erhalten, kann – wie bisher – weder durch organisatorische noch durch technische Maßnahmen vollständig verhindert werden. Eine entsprechende „Sicherstellung“, wie von der Vorschrift gefordert, dürfte daher objektiv unmöglich sein. Aus unserer Sicht käme etwa folgende Formulierung in Betracht:

„Bei der Akteneinsicht sind Schutzvorkehrungen gegen die unbefugte Kenntnisnahme vom Akteninhalt zu treffen.“

9. Der Beweisregel in § 249 Abs. 1 Satz 3 StPO-E – Verlesen von nach § 32b StPO-E eingescannten Urkunden in Verbindung mit der Ablehnung eines Beweisantrags auf Verlesung des Ausgangsdokuments, wenn kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln (§ 244 Abs. 5 StPO-E) - wird zugestimmt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Urkunden mittels eines zuverlässigen Verfahrens eingescannt wurden, das die Originale mit ausreichender Sicherheit identisch überträgt. Der Hinweis auf den „Stand der Technik“ muss im Hinblick auf die rasante Entwicklung der technischen Standards hingenommen werden; die Überprüfung von Anhaltspunkten für Zweifel an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument dürfte dann aber die – ggf. gutachtlich unterstützte – Überprüfung umfassen, ob das konkret angewandte Übertragungsverfahren dem Stand der Technik entspricht.

Fraglich ist außerdem, wie Anhaltspunkte für eine fehlende inhaltliche Übereinstimmung im Fall späterer Manipulationen an der E-Akte dargelegt werden sollen. Es fehlt weiter eine Regelung zur Vollständigkeit der Übertragung der vorliegenden Ausgangsdokumente in die elektronische Form. Es ist daher zweifelhaft, ob ein auf die Überprüfung der Vollständigkeit der Übertragung der vorliegenden Ausgangsdokumente gerichteter Beweisantrag abgelehnt werden könnte. Hierfür sollten entsprechende Regelungen aufgenommen werden.

10. Die Regelung in § 497 Abs. 2 StPO-E ist so weit gefasst, dass dadurch wichtige Ermittlungsansätze abgeschnitten werden könnten, ohne dass dies durch datenschutzrechtliche Vorgaben zwingend geboten wäre. Um eine Verschlechterung gegenüber der derzeitigen Rechtslage nach § 98c StPO zu vermeiden, sollte der Anwendungsbereich der Vorschrift eingeengt werden.

11. Nach der Begründung zu § 498 StPO-E - letzter Absatz - soll die Verpflichtung zur unverzüglichen Löschung von Aktenkopien auch elektronische Akten umfassen, die infolge der Gewährung von Akteneinsicht bei einem Verteidiger vorhanden sind. Eine solche Verpflichtung kann durch die Justiz mangels Zugriffsbefugnissen auf die von den Verteidigern gespeicherten Akten nicht erfüllt werden. Sollte eine Verpflichtung der Verteidiger selbst gemeint sein, sollte diese in die BRAO aufgenommen werden. Im Übrigen dürfte § 498 StPO-E ohnehin nur eine Verpflichtung enthalten, die bereits nach § 3a BDSG und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften besteht, und daher als zusätzliche Norm entbehrlich sein.

12. Im Zusammenhang mit der Neuregelung der Schriftgutaufbewahrung sollten die geltenden Aufbewahrungsfristen im Hinblick auf die Anforderungen der Aufbewahrung von elektronischem Aktenmaterial überdacht werden. Anders als bei der Aufbewahrung von Papierakten werden für die längerfristige Aufbewahrung von elektronischem Aktenmaterial kostenintensive Aufbewahrungssysteme notwendig sein, die ständig auf dem aktuellen technischen Stand gehalten werden müssen.

gez. Dr. Bernhard Joachim Scholz, Mitglied des DRB-Präsidiums