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Stellungnahme zum Diskussionsentwurf des BMJ für ein Gesetz zur Regelung der Rechtsnachfolge bei Bußgeldverfahren gegen juristische Personen und Personenvereinigungen und zur Anhebung des Bußgeldrahmens für juristische Personen (§§ 30, 130 OWiG)

Mai 2012

Der Deutsche Richterbund begrüßt das Vorhaben des Bundesministeriums der Justiz, in Ordnungswidrigkeitenverfahren die für juristische Personen bestehende und durch sie bislang praktizierte Möglichkeit auszuschließen, sich der Verhängung von Geldbußen durch Umstrukturierung zu entziehen. Bisher steht einer Ausdehnung der Verantwortung auf Rechtsnachfolger - außer in Fällen der wirtschaftlichen Identität - grundsätzlich das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG entgegen. Durch die nun vorgeschlagene Ergänzung des § 30 OWiG durch einen neuen Absatz 2a wird eine praktikable Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass gegen den Gesamtrechtsnachfolger oder den Teilrechtsnachfolger nach einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge durch Aufspaltung gem. § 123 Abs. 1 UmwG eine Geldbuße festgesetzt werden kann. Damit wird die - auch vom Bundesgerichtshof als "misslich" angesehene - Möglichkeit, durch gesellschaftsrechtliche Gestaltungen einer drohenden bußgeldrechtlichen Sanktionierung zu entgehen, maßgeblich beschränkt.
Die Festlegung in § 30 Abs. 2a Satz 2 OWiG, dass die zu verhängende Geldbuße die Höhe der Geldbuße, die gegen den Rechtsvorgänger festgesetzt worden wäre, nicht übersteigen darf, folgt dem Verursacherprinzip und entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Anknüpfung an das Verhalten der Organe des Rechtsvorgängers wird indes zu erhöhtem Aufwand bei der Zumessung des Bußgeldes führen, da die für die Bemessung der hypothetischen Geldbuße maßgeblichen Umstände nachträglich ermittelt werden müssen.
In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass nach § 81 Abs. 4 GWB die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung nicht mehr als 10 Prozent des jeweils im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes betragen darf. Hier wird sich die Frage stellen, ob diese Begrenzung am Umsatz des Rechtsvorgängers oder des Nachfolgers zu messen ist.

Der Deutsche Richterbund befürwortet die in derselben Gesetzesnovelle beabsichtigte Erhöhung der Bußgeldrahmen des § 30 OWiG und § 130 Abs. 3 OWiG auf fünf bzw. zehn Millionen Euro. Die letzte Erhöhung stammt aus dem Jahre 2002 und erscheint angesichts hoher Vermögensgewinne gerade im Bereich des Kartellrechts unangemessen niedrig; die nun vorgeschlagene Regelung kann eine wirksame Abschreckung und effektive Sanktion bieten und folgt einer Forderung der OEZD, nähert sich allerdings nun der Höchstgrenze der Geldstrafe an, die gemäß § 40 StGB höchstens 360 Tagessätze bei einer Tagessatzhöhe von maximal 30.000 Euro betragen darf. Zwar steht das Schuldprinzip dem nicht entgegen, da es bei der Verbandsgeldbuße um den Ausgleich für die aus der Tat gezogenen Vorteile geht. Um aber eventuelle Friktionen zwischen Ordnungswidrigkeiten- und Strafrecht zu vermeiden, ist zu überlegen, ob auch die Höchstgrenze der Tagessätze bei Geldstrafen den aktuellen Lebensverhältnissen angepasst oder - was zu bevorzugen wäre - ganz aufgehoben werden sollte.

Die ins Auge gefasste neue Vorschrift des § 30 Abs. 6 OWiG-E, die zum Zwecke der Sicherung der zu erwartenden Geldbuße bereits vor Erlass des Bußgeldbe-scheids die Anordnung eines dinglichen Arrests zulässt, weicht zwar von der Grundregel des § 111d Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG ab, erscheint jedoch angesichts der Notwendigkeit des Vorliegens eines Arrestgrundes (§ 11d Abs. 2 StPO i.V.m. § 917 ZPO) im Hinblick auf die Umgehungsgefahr durch Ver-mögensübertragungen außerhalb von Rechtsnachfolgen gerechtfertigt.

gez. Sigrid Hegmann, Mitglied des DRB-Präsidiums