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zum geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels vom 31.10.2017

 

A. Tenor der Stellungnahme
Der Deutsche Richterbund hat erhebliche Bedenken gegen die vorgeschlagene Richtlinie. Die Gründe, die gegen das Harmonisierungsvorhaben sprechen, überwiegen klar die Argumente, die dafür ins Feld geführt werden können.
 
Sofern das Harmonisierungsvorhaben weiter verfolgt werden sollte, können die vorgesehenen Regelungen nur teilweise überzeugen. Insbesondere eine Verlängerung des Zeitraums der Beweislastumkehr bei Vertragswidrigkeiten zugunsten des Verbrauchers von sechs Monaten auf zwei Jahre lehnt der Deutsche Richterbund als nicht sachgerecht ab.

B. Bewertung im Einzelnen
Im Folgenden soll zunächst auf das grundsätzliche Vorgehen einer Vollharmonisierung des Kaufgewährleistungsrechts im Wege der vorgeschlagenen Richtlinie (I.), sodann auf die Ausweitung des Vorschlags auf den klassischen Einzelhandel (II.) und schließlich auf einzelne Regelungen des Richtlinienvorschlags (III.) eingegangen werden.

I. Zum grundsätzlichen Vorgehen einer Vollharmonisierung des Kaufgewährleistungsrechts im Wege der vorgeschlagenen Richtlinie

Aus Sicht des Deutschen Richterbunds überwiegen die Gründe, die gegen das Harmonisierungsvorhaben sprechen, klar die Argumente, die dafür ins Feld geführt werden können.

Trotz des Ziels der Herbeiführung einer Vollharmonisierung wurde als Instrument nicht eine Verordnung, sondern eine Richtlinie gewählt. Die Kommission hat diese Wahl damit begründet, dass damit den Mitgliedstaaten Spielraum bei der Umsetzung belassen werde. Wegen dieser erforderlichen Umsetzung des europäischen Rechts in das nationale Recht der Mitgliedstaaten erscheint deshalb fraglich, ob damit eine vollständige 1:1-Harmonisierung erreicht werden kann. Viel spricht dafür, dass in einzelnen Punkten Abweichungen gewollter oder ungewollter Art verbleiben.

Inhaltlich ist die Rechtslage im Bereich des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts durch die bestehende europäische Gesetzgebung schon in weiten Teilen vereinheitlicht. Dennoch gibt die Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit aus der Hand, im Rahmen der bisher bestehenden Spielräume auf nationaler Ebene bessere rechtliche Lösungen zu wählen und auch kurzfristig auf neue Situationen, die sich insbesondere im Zuge der rasanten technischen, insbesondere elektronischen Entwicklung jederzeit ergeben können, zu reagieren. Die vorgeschlagene Vereinheitlichung bringt in manchen Punkten auch rechtliche Rückschritte, die hingenommen werden müssten (vgl. insoweit die ausführlichen Analysen von M. Stürner und M. Schmidt-Kessel in ihren Stellungnahmen zum ursprünglichen Kommissionsvorschlag, aber auch die gegenüber einer weiteren Harmonisierung grundsätzlich ablehnende Stellungnahme des Bundesrats vom 22.04.2016).
Die vorgeschlagenen Änderungen müssten in deutsches Recht umgesetzt werden. Aus nationaler Sicht gutes und bewährtes deutsches Recht würde mitsamt eines hierzu entwickelten Rechtsprechungssystems verändert, ohne dass hierfür – wiederum aus nationaler Sicht - ein Bedürfnis ersichtlich ist. Unabhängig davon, ob sie grenzüberschreitend tätig werden oder nicht, müssten sich alle Anwender in der EU, insbesondere die Unternehmen, auf neues Recht und die damit stets verbundene anfängliche Unsicherheit ein- und umstellen. Nicht nur sämtliche im Warenhandel tätigen Unternehmen, sondern - wegen der weiten Definition des Kaufvertrags in Art. 2 (a) des Richtlinienvorschlags  - auch sämtliche Werklieferungsleistungen erbringende Handwerker müssten ihre AGB rechtlich überprüfen lassen und anpassen. Die Europäische Kommission beziffert diese einmaligen Umstellungskosten auf 21,4 Mrd. EUR.
Diese Kosten müssten Unternehmen aufwenden, obwohl die Aussichten, dadurch zu einer maßgeblichen Verbesserung des grenzüberschreitenden Handels in der EU beizutragen oder gar selbst hiervon zu profitieren, sicherlich sehr begrenzt sind. Denn ob der in dem Richtlinienvorschlag zum Ausdruck kommende Optimismus berechtigt ist, mithilfe einer Vereinheitlichung des Gewährleistungsrechts Kosteneinsparungen seitens der Unternehmen von 20,8 Mrd. EUR und eine Steigerung des BIP der EU um 4 Mrd. EUR (so das Commission Staff Working Document vom 31.10.2017) herbeizuführen, erscheint höchst zweifelhaft. Die vorgeschlagene Vereinheitlichung betrifft mit Teilen des Gewährleistungsrechts nur einen kleinen Ausschnitt des anzuwendenden Rechts. Die übrigen Bereiche des auf den jeweiligen Vertrag anzuwendenden Rechts bleiben dem jeweiligen nationalen Recht unterworfen - schon der Schadensersatz als Folge mangelhafter Lieferungen ist nicht Gegenstand des Richtlinienvorschlags. Kein Unternehmen wird sich deshalb allein wegen der Teilangleichung von Rechtsvorschriften im Gewährleistungsrecht die rechtlichen Beratungskosten ersparen können, wenn es grenzüberschreitend tätig werden will. Die Berechnungen der Europäischen Kommission in dem genannten Staff Working Document gehen demgegenüber von Erhebungen aus, die ein vollständig harmonisiertes Verbrauchervertragsrecht zugrunde gelegt haben („fully harmonised consumer contract law“).
Schließlich spielen erfahrungsgemäß sowohl bei Verbrauchern als auch bei Unternehmen für die Entscheidung, grenzüberschreitend tätig zu werden, andere Faktoren als die Unkenntnis des fremden Rechts eine große Rolle - zumal auch die verbreitete Unkenntnis über das eigene Recht nicht zu unterschätzen ist.


II. Zur Ausweitung des Vorschlags auf den klassischen Einzelhandel

Der ursprüngliche Richtlinienvorschlag vom 09.12.2015 hatte die zunächst vorgesehene Beschränkung des Anwendungsbereichs mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 5 AEUV damit begründet, dass auf diese Weise sichergestellt sei, dass der Vorschlag nicht über das zur Erreichung des Ziels erforderliche Maß hinausgeht und das regelt, was für grenzüberschreitende Online- und sonstige Fernabsatzgeschäfte unerlässlich ist. Nach den eingeholten Stellungnahmen, die vor einer Fragmentierung des Rechts warnten, wurde nunmehr der Vorschlag in seinem Anwendungsbereich auf sämtliche Kaufverträge und damit insbesondere auf den stationären Einzelhandel ausgeweitet.
Es ist schwer vorstellbar, welche Fälle stationärer Einzelhandelsgeschäfte tatsächlich einer europäischen vereinheitlichenden Regelung bedürfen könnten. Dennoch begrüßt der Deutsche Richterbund diese Entscheidung. Die rechtliche Gleichbehandlung von Online- und stationären Einzelhandelsgeschäften ist ein Akt juristischer Hygiene. Entscheidet sich der europäische Gesetzgeber zu einer Vereinheitlichung des Gewährleistungsrechts, so kann es für diese Frage rechtlich keinen Unterschied machen, auf welche Weise eine Kaufsache erworben wird. Dies wäre auch der Bevölkerung nicht dauerhaft vermittelbar. Allerdings führt die Ausweitung des Vorschlags dazu, dass sich wesentlich weitere Kreise auf die vorgeschlagene Rechtsänderung einstellen müssen, ohne dass für sie hierzu von ihrer Interessenlage her eine Veranlassung bestünde.


III. Zu den einzelnen Regelungen des Richtlinienvorschlags

Sofern das Harmonisierungsvorhaben weiterverfolgt wird, bestehen gegen
einige der vorgesehenen Regelungen erhebliche Bedenken, andere Vorschläge können dagegen unterstützt werden.

Der vorliegende Richtlinienvorschlag enthält 24 teilweise sehr ins Detail gehende Artikel eines europäischen Gewährleistungsrechts, die größtenteils bereits wissenschaftlich untersucht wurden. Im Folgenden soll zu ausgewählten, aus Sicht des Deutschen Richterbundes besonders hervorzuhebenden Punkten Stellung genommen werden.

1. Der Deutsche Richterbund lehnt die Verlängerung des Zeitraums von sechs Monaten auf zwei Jahre, während dessen die Beweislast bei Vertragswidrigkeiten zugunsten des Verbrauchers umgekehrt wird, als nicht sachgerecht ab.

a) Die in Art. 8 Nr. 3 des Vorschlags niedergelegte Regelung, wonach bei Vertragswidrigkeiten, die innerhalb von zwei Jahren offenbar werden, vermutet werde, dass sie bereits bei Übergabe vorgelegen haben, ist inhaltlich nicht gerechtfertigt. Nach zwei Jahren lässt das Auftreten eines Fehlers regelmäßig nicht mehr darauf schließen, dass dieser schon bei Übergabe vorlag. Die Vermutung entspricht damit nicht der Rechtswirklichkeit - sie ist keine Vermutung mehr, sondern eine Fiktion. Gerade in Zeiten, in denen die Akzeptanz der Europäischen Institutionen und die rechtliche Ausgestaltung der EU vermehrt in Frage gestellt wird, sollte sich Europäisches Recht jedoch darum bemühen, nicht Fiktionen, sondern die Rechtswirklichkeit abzubilden.
Die geplante Verlängerung des Vermutungszeitraums auf zwei Jahre würde im Übrigen die Gesamtdauer der Gewährleistungshaftung abdecken, die sich ebenfalls auf zwei Jahre erstreckt. Es bestünde mithin über die Gesamtdauer der Gewährleistung eine Vermutung zum Nachteil des Unternehmens; eine Gewährleistungszeitspanne ohne eine solche Vermutung verbliebe nicht.

b) Eine solche Regelung, die der inneren Rechtfertigung entbehrt, wird auf kein Verständnis der Anwender und damit auch nicht auf deren Akzeptanz stoßen. Fehlende Akzeptanz rechtlicher Regelungen erhöht unweigerlich die Neigung, über den Fall, der eigentlich mit der Vorschrift geregelt werden sollte, zu streiten. Diese Streitigkeiten werden schließlich vor den Gerichten ausgetragen, wo sich der Streit dahin verlagern wird, ob die Vermutung „mit der Art der Waren oder der Art der Vertragswidrigkeit unvereinbar“ ist (s. Halbsatz 2 der Vorschrift).
Schon heute werden diese Streitigkeiten in der forensischen Praxis insbe-sondere beim Kauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen regelmäßig dann ge-führt, wenn ein Fehler in der zweiten Hälfte der 6-Monatsfrist auftritt. Für je-den einzelnen geltend gemachten Mangel ist dann jeweils kasuistisch festzustellen, ob die Vermutung mit der Art der Ware oder der Art der Vertragswidrigkeit unvereinbar ist. Eine Vervielfachung dieser gerichtlichen Auseinandersetzungen im Falle der geplanten Ausweitung der Frist auf zwei Jahre ist unschwer vorherzusagen. Eine Rechtszersplitterung zu dieser Kasuistik in den einzelnen Mitgliedstaaten wird unvermeidlich sein.

c) Die in der Begründung des ursprünglichen Vorschlags und auch im Staff Working Document geäußerte Ansicht, wonach die Verlängerung der Frist keine erheblichen Auswirkungen für Unternehmen mit sich bringt, weil die Unternehmen de facto in der zweijährigen Gewährleistungsfrist kulant seien, überzeugt nicht. Zwar ist es im Online-Handel, wo es zumeist um begrenzte Werte geht, für Unternehmen sicherlich oft sinnvoller, neu zu liefern, um sich negative Bewertungen in den Portalen zu ersparen. Zudem gibt es, etwa im Bereich Elektronik, vielfach Haltbarkeitsgarantien, die eine Diskussion über den Zeitpunkt der Mangelhaftigkeit erübrigen. Im Übrigen ist eine Kulanz, wie die forensische Praxis zeigt, keineswegs durchgängig in allen Marktsegmenten üblich, insbesondere nicht bei hochwertigeren Produkten.
Mit der Ausweitung des Vorschlags auf den stationären Handel würden allerdings vermehrt hochwertigere Produkte betroffen, etwa Möbel oder insbesondere Pkw. Beim Gebrauchtwagenhandel war schon mit der Einführung der Beweislastumkehr von sechs Monaten eine Entwicklung dahin zu beobachten, dass Fahrzeuge ab einem bestimmten Alter und einer bestimmten Fahrleistung von Händlern in Deutschland praktisch gar nicht mehr angeboten, sondern nur noch im B2B-Handel nach Osteuropa verkauft werden. Die Regelung hat damit dazu geführt, dass Personen mit geringen finanziellen Möglichkeiten Fahrzeuge im Wesentlichen nur noch von Privat erwerben können, wo die Gewährleistung regelhaft ausgeschlossen wird. In diesem Bereich hat die europäische Gesetzgebung mithin faktisch das Gegenteil dessen erreicht, was erstrebt war, nämlich die im Wesentlichen völlige Herausnahme der gesetzlichen Gewährleistung aus einem bestimmten Marktsegment.
Bei einer Ausweitung der Beweislastumkehr auf zwei Jahre, wie es nunmehr der geänderte Richtlinienvorschlag vorsieht, wird absehbar ein noch wesentlich größerer Teil an Gebrauchtfahrzeugen vom Händlerverkauf an Verbraucher ausgenommen werden, was zulasten des Verbrauchers mit schmalem Geldbeutel geht.

d) Die fehlende innere Rechtfertigung lässt sich auch nicht mit dem Ziel rechtfertigen, die Hersteller auf diese Weise zur Herstellung langlebigerer Produkte anzuhalten (vgl. Erwägungsgrund 23). Ökologische Erwägungen haben ihren Platz in Vorschriften über das Ökodesign und über die Kreislaufwirtschaft, nicht hingegen im bürgerlichen Recht. Es wäre auch eine Überschätzung des Juristischen zu glauben, dass eine solche neue rechtliche Regelung tatsächlich maßgeblich zur Umstellung von Produktionen führen könnte. Sollte es Auswirkungen haben, wäre zu befürchten, dass für Geringverdiener erschwingliche Produkte, etwa bestimmtes Spielzeug, vom Markt genommen würden.

e) Gegen die Ausweitung des Vermutungszeitraums auf zwei Jahre spricht schließlich, dass von den (derzeit noch) 28 Mitgliedstaaten der EU nur drei einen längeren Zeitraum als sechs Monate - und nur zwei davon mehr als ein Jahr - gewählt haben, und auch diese drei erst vor kurzem, sodass eine Evaluierung noch nicht erfolgen konnte. Der Vorschlag richtet sich mithin gegen die freie Entscheidung der überwältigenden Mehrheit von 25 Mitgliedstaaten, die Frist bei sechs Monaten zu belassen, obwohl sie eine längere Frist hätten vorsehen können. Mit Ausnahme der Verbraucherverbände fordern dementsprechend sämtliche Beteiligte des Anhörungsverfahrens - die Mitgliedstaaten, die Rechtsberufe und die Unternehmerverbände - eine Beibehaltung der bestehenden Sechs-Monatsfrist. Die Neuregelung würde fast allen Beteiligten eine ungewollte europäische Regelung aufoktroyieren.

2. Eine weitere, nicht unerhebliche Änderung des geltenden Rechts besteht nach dem Vorschlag darin, dass dem Verbraucher die Möglichkeit eingeräumt wird, den Vertrag auch im Falle eines nicht wesentlichen Mangels zu beenden, also zurückzutreten (vgl. bisher §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Soweit ersichtlich wird diese Änderung allein mit einem höheren Schutzniveau für den Verbraucher begründet.
Ein rechtstatsächliches Bedürfnis für diese Änderung ist nicht dargelegt und ein solches wurde auch im GEK noch nicht gesehen (dort Art. 114 Abs. 1). Es ist auch schwer einzusehen, warum bei einem unwesentlichen Mangel eine Rückabwicklung notwendig sein sollte - Querulantentum würde damit Vorschub geleistet. Auch diese Regelung dürfte kaum auf Akzeptanz der Anwender und damit zu vermehrten, auch gerichtlichen Auseinandersetzungen führen.

3. Der Richtlinienvorschlag sieht die Notwendigkeit einer fruchtlosen Fristsetzung vor der Vertragsbeendigung nicht vor. Er verlangt in Art. 9 Nr. 1 Abs. 2 lediglich, dass die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung innerhalb einer angemessenen Frist zu erfolgen hat – weitere Voraussetzungen für die Erklärung der Vertragsbeendigung sieht auch Art. 13 nicht vor.
Nach deutschem Recht ist - anders wohl als in manchen romanisch geprägten Mitgliedstaaten - eine solche Fristsetzung erforderlich, §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB, ebenso im UN-Kaufrecht (dort Art. 47). Sie ist auch sinnvoll, um zwischen den Vertragsparteien Klarheit zu schaffen. Zwar sah auch schon die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie eine Fristsetzung nicht vor. In Anbetracht der nunmehr vorgeschlagenen Vollharmonisierung erscheint aber zweifelhaft, ob nationales Recht weiterhin mit einer Fristsetzung als Voraussetzung für einen Rücktritt ein Erfordernis vorsehen kann, welches in einer Vollharmonisierungsrichtlinie nicht vorgesehen ist. Dies gilt umso mehr, als der Richtlinienvorschlag ausdrücklich auf die mit der gescheiterten GEK gewonnenen Erfahrungen Bezug nimmt und in dessen Art. 115 Abs. 1 die Notwendigkeit einer Fristsetzung genannt war. Eine Klarstellung erscheint daher notwendig.

4. Der Richtlinienvorschlag sieht vor, dass der Verbraucher lediglich eine Nachbesserung oder Ersatzlieferung veranlassen muss, bevor er im Falle deren Fehlschlagens den Vertrag beenden, also zurücktreten kann. Nach deutschem Recht wurde bislang das Fehlschlagen der Nachbesserung grundsätzlich erst nach dem zweiten fehlgeschlagenen Versuch vermutet, § 440 Satz 2 BGB.
Der Deutsche Richterbund befürwortet diese vorgeschlagene Neuregelung. In der forensischen Praxis ist deutlich geworden, dass die Verpflichtung, sich bei einer fehlerhaften Lieferung zweier Nachbesserungsversuche unterziehen zu müssen, von den Betroffenen als übersteigert empfunden wird. Niemand will sich nach einer fehlerhaften Lieferung und einem fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuch einem erneuten Nachbesserungsversuch unterziehen müssen - das Vertrauen ist schon zu diesem Zeitpunkt zu stark erschüttert.

5. Nach Art. 9 Nr. 5 des Richtlinienvorschlags hat der Verbraucher keinen Anspruch auf Abhilfe, soweit er selbst zur Vertragswidrigkeit beigetragen hat. Diese Regelung lässt trotz der Verknüpfung „soweit“ in ihrer Formulierung offen, ob der Verbraucher bei jedem Beitrag zur Fehlerhaftigkeit der Ware von Nachbesserungs- und Rücktrittsrecht ausgeschlossen ist. Sie bleibt insbesondere hinter §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 6 BGB zurück, wo für den Rücktritt eine genauere, bessere Regelung vorgesehen ist. Hier wäre eine Klarstellung sinnvoll.